In Weil der Stadt steht jetzt ein besonderer Baum: Die Moorbirke, Baum des Jahres, soll auf die Bedeutung der Moore aufmerksam machen. Um die Wälder der Stadt klimagerecht umzubauen, kann sie jedoch nicht helfen.

Volontäre: Annika Mayer (may)

Witze über das schlechte Wetter hörte man am Dienstag am Merklinger Ried in Weil der Stadt zur Genüge: Der Regen prasselte auf die Teilnehmer der Pflanzaktion hinab, bei der eine Moorbirke – der Baum des Jahres 2023 – in die Erde gesetzt wurde. „Bestes Wetter zum Baumpflanzen“, scherzte Benjamin Schmid, Kreisverbandsvorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Böblingen (SDW). Dann müsse man den neuen Baum schon nicht angießen.

 

Organisiert wurde die Aktion vom Landkreis Böblingen und der SDW. An einen Hang des Merklinger Rieds setzten Bürgermeister Christian Walter, Benjamin Schmid, der erste Landesbeamte des Landkreises Böblingen Martin Wuttke und der Leiter des Forstamtes am Landratsamt Böblingen Reinhold Kratzer die Moorbirke in ein Loch und schaufelten es anschließend zu. Auch die Kinder des Waldkindergartens Weil der Stadt halfen dem Baum, Wurzeln zu schlagen, und gossen ihn trotz des Regens eifrig.

Vielfalt der Baumarten verdeutlichen

Im Kreis Böblingen gibt es jedes Jahr eine Pflanzaktion für den Baum des Jahres. Welche Pflanze diesen Titel deutschlandweit trägt, entscheidet das Kuratorium „Baum des Jahres“. Durch die Wahl solle die Vielfalt an heimischen Arten gezeigt und darüber informiert werden, so Benjamin Schmid von der SDW Böblingen. Die Pflanzaktionen finde ganz bewusst am Tag des Baumes, dem 25. April, statt. Dieser wurde 1952 von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald ins Leben gerufen, um in der Nachkriegszeit die Bevölkerung für die Abholzung der Wälder zu sensibilisieren. Auch heute soll auf die Situation der Forste aufmerksam gemacht werden. Gerade in Zeiten des Klimawandels sei das sehr wichtig, wie der Kreisverbandsvorsitzende erklärte.

Wo genau jedes Jahr im Kreis Böblingen gepflanzt wird, ist abhängig von dem jeweiligen Baum: Sein neuer Standort wird danach ausgewählt, wo es für ihn die besten Bedingungen gibt. Wo die Moorbirke in diesem Jahr gepflanzt wird, sei relativ schnell klar gewesen, sagte Martin Wuttke, erster Landesbeamter des Landkreises Böblingen. Denn wie der Name ahnen lässt, bevorzugt die Moorbirke feuchte Böden und Moore. „Es gibt nicht viele Moore im Landkreis Böblingen “, so Wuttke. Das Merklinger Ried in Weil der Stadt biete die besten Bedingungen für den Baum. „Im Boden des Merklinger Rieds gibt es eine wasserundurchlässige Schicht, in der sich das Grundwasser aufstaut“, erläuterte Reinhold Kratzer, Leiter des Forstamtes am Landratsamt Böblingen. Daher sei dies ein guter Standort, um eine Moorbirke zu pflanzen.

Trotz Kälteresistenz als Baum des Jahres gewählt

Eigentlich ist der Baum vor allem in nordischen Wäldern und an der Waldgrenze in alpinen Gebieten verbreitet. Er ist sehr kälteresistent, hält Temperaturen bis minus vierzig Grad aus. Auch wenn es auf den ersten Blick seltsam erscheint, dass in Zeiten des Klimawandels die kälteresistente Moorbirke Baum des Jahres wird, gibt es laut Reinhold Kratzer gute Gründe für die Wahl dieser Baumart. Das Kuratorium habe die Birke ausgesucht, um die Bedeutung der Moore zu verdeutlichen:„Moore sind wichtig gegen den Klimawandel, sie binden viel CO2.“ Um der Erderwärmung entgegen zu wirken, sei geplant, ausgetrocknete Moore wieder zu vernässen. Dabei spielt die Moorbirke laut Kratzer eine wichtige Rolle dabei, diese Ökosysteme wiederaufzubauen.

Zudem ist sie ein Pionierbaum: „Auf großen kahlen Flächen, zum Beispiel nach einem Sturm oder einem Waldbrand, sind Birken die ersten Bäume, die sich wieder ansiedeln“, so Kratzer. Unter dem Schirm der Birken könnten dann andere Arten heranwachsen. „Die Moorbirke ist ein guter Baum des Jahres, denn sie führt vor Augen, was für die Umwelt wichtig ist: Wälder und Moore“, fasste Martin Wuttke zusammen.

In Weil der Stadt hat der Wald große Bedeutung: 30 Prozent der Fläche besteht aus Forst. Doch den Bäumen macht die Trockenheit zu schaffen. Dem Wald der Stadt gehe es nach dem vergangenen trockenen Jahr schlecht, schilderte Forstrevierleiter Olaf Späth. „Den Eichen geht es noch gut, die vertragen die Trockenheit. Aber die Buchen und die Weißtannen machen schlapp.“ Jetzt gehe es darum, den Wald klimagerecht umzubauen. Die Moorbirke soll dabei jedoch nicht zum Einsatz kommen. Denn im Wald gebe es vor allem trockene Standorte mit steinigen Böden, welche das Wasser schlecht halten. Stattdessen setzt Olaf Späth auf wärmeliebende Baumarten wie Eichen, Esskastanien oder Walnussbäume.

Moorbirke kann in Wäldern in Weil der Stadt nicht helfen

Die Bedeutung der Wälder für die Umwelt und das Klima haben aber nicht nur die Erwachsenen erkannt, sondern auch die Kinder des Waldkindergartens. Nachdem die Moorbirke gepflanzt wurde, singen sie gemeinsam: „Bäume sind so wichtig, das weiß doch jedes Kind“.