Ein Angeklagter behauptet, in der Mordnacht seinen Geburtstag gefeiert zu haben. Mit der Aussage eines leitenden Soko-Mitglieds schließt die Beweisaufnahme vor dem Landgericht Stuttgart.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Backnang/Stuttgart - Bereits am 4. März, dem Tag nach dem Mord an der Chefin des Backnanger Restaurants Asien-Perle, war eine Sonderkommission eingerichtet worden. Deren Arbeit dauerte acht Monate – die Aussage eines leitenden Mitglieds vor dem Landgericht Stuttgart hat am Dienstag deutlich gemacht, weshalb.

 

Zum Beginn der Ermittlungen waren die Polizisten noch völlig im Dunkeln getappt. „Das Motiv war uns lange nicht klar. Die massive Gewalteinwirkung geht über einen normalen Raub hinaus. Im Zimmer der Geschädigten fanden wir rund 40 000 Euro, die nicht großartig versteckt waren“, so der Beamte vor Gericht. Die Ermittler hielten daher einen Racheakt für möglich.

Die letzte Sprachnachricht hörte das Opfer schon nicht mehr ab

Zumal das Opfer Aie W. mit einigen ihrer fünf Brüder wohl im Zwist lag. „Es ging um Geld und um persönliche Befindlichkeiten“, erklärte der Beamte. Da am Tatort männliche DNA-Spuren gesichert werden konnten, nahmen die Ermittler von Verwandten, Angestellten, Ex-Mitarbeitern und Geschäftspartnern Speichelproben zum Vergleich.

Viele Spuren verliefen sich im Sand – zum Beispiel die Auswertung des Handys des Mordopfers. Um 0.02 Uhr hatte Aie W. der Mutter ihrer Schwiegertochter noch eine Sprachnachricht geschickt. Gleich darauf ging eine Antwort ein – doch diese hörte W. nicht mehr ab. Zwischen 0.04 und 0.08 Uhr, zu diesem Schluss gelangten die Ermittler, starb die zierliche 53-Jährige in der Damentoilette des Lokals einen grausamen Tod.

Die Polizei notiert die Nummernschilder der Trauergäste

Obwohl die Soko auf der Suche nach Hinweisen Notizzettel Aie W.s, die in einem seltenen chinesischen Dialekt sprach und schrieb, übersetzen ließ, die Beerdigung observierte und die Kennzeichen der Trauergäste notierte, ergab sich nichts. Das änderte auch ein anonymes Hinweissystem nicht – darüber sei sogar ein völlig Unbeteiligter denunziert worden, so der Kriminalhauptkommissar.

Eine DNA-Spur von einem Einbruch in Backnang und ein daraus resultierender Treffer in einer rumänischen Datenbank führte im November 2016 zum damals 42-jährigen Dumitru A. Die Ermittler erkundigten sich nach seinen Freunden, stießen auf Constantin C., nahmen bei ihm eine Speichelprobe – und landeten den zweiten Treffer. Von C. stammt die zweite DNA-Spur vom Tatort.

Ein Angeklagter will Geburtstag gefeiert haben – Handydaten lassen das Alibi platzen

Ein erschütterndes Detail kam jetzt vor Gericht ans Licht: Am Tattag hatte er seinen 45. Geburtstag. Der Polizei sagte er, er habe diesen zusammen mit Bekannten gefeiert – die stritten das jedoch ab. Auch die Auswertung von Handydaten konnte C.s Version nicht bestätigen. Im Gegenteil: Das Landeskriminalamt fand heraus, dass sich sein Handy in der Nähe der Asien-Perle befunden haben muss.

Es gleicht einer Ironie des Schicksals, dass diese Erkenntnis erst möglich wurde durch einen Anruf, der gegen 0.15 Uhr auf C.s Handy einging. Die Anruferin war Larisa A., die Ehefrau des anderen Angeklagten. Ob und was während dieser siebensekündigen Telefonverbindung gesprochen wurde, blieb aber im Dunkeln.

Ehefrau: „Was hat dieses Tier getan, dieser Verrückte?“

Die Gattin von Dumitru A. hatte in der Asien-Perle gearbeitet und ihrem Mann Ende 2015 einen Aushilfsjob in dem Lokal besorgt. Sie lag mit Aie W. im Streit. Dass sie von dem Verbrechen wusste, lassen aber zumindest die Protokolle bezweifeln, die Polizisten bei der späteren Überwachung ihres Handys schrieben: „Um Gottes Willen, was hat dieses Tier getan, dieser Verrückte?“, fragte Larisa A. die Freundin von Constantin C., nachdem die beiden Männer verhaftet worden waren.

Die Beweisaufnahme im Mordfall Asien-Perle ist nun abgeschlossen, den beiden Angeklagten droht lebenslange Haft und eine Sicherungsverwahrung. Die Voraussetzung für letzteres ist, dass das Landgericht die langjährigen rumänischen Vorstrafen der beiden Angeklagten anerkennt. Am nächsten Prozesstag, dem 8. Januar, sollen die Plädoyers beginnen.