War der mutmaßliche Mörder von Endingen und Kufstein ein Serientäter? Nach der Festnahme wird nun europaweit nach weiteren Taten gefahndet, die auf das Konto des Tatverdächtigen gehen könnten. In seiner rumänischen Heimat gibt es schon einen bösen Verdacht.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Freiburg - Hat der mutmaßliche Mörder der 27-jährigen Carolin G. in Endingen und der 20-jährigen Lucile K. in Kufstein noch weitere Frauen auf dem Gewissen? Diese Frage treibt nicht nur die Freiburger Sonderkommission „Erle“ und die Ermittler in Österreich um, sondern jetzt auch die Behörden in Rumänien. Von dort stammt der 40-jährige Lastwagenfahrer, der am Freitag an seiner Arbeitsstelle bei einer Endinger Spedition unter dringendem Tatverdacht verhaftet worden war.

 

Spezialistin für schwierige Fälle

Wie die Zeitung „Vremea Noua“ berichtete, habe man sich vier ungeklärte Morde an jungen Frauen vorgenommen. Parallelen sehen die rumänischen Ermittler vor allem zu einem 13 Jahre alten Fall. Damals war eine Tramperin verschwunden. Eine Woche später war sie in einem Waldstück missbraucht und brutal ermordet aufgefunden worden. Die 29-Jährige stammte aus dem Gebiet Husi, wo damals auch der Endinger Tatverdächtige gelebt haben soll. Es könne ein Zufall sein, dennoch wolle man sich mit den Kollegen in Deutschland in Verbindung setzen, zitiert das Blatt einen rumänischen Polizeisprecher.

„Ich werde herausfinden, wo sich der Mann damals aufgehalten hat“, sagte die Staatsanwältin Alice Ruja, die laut „Vremea Noua“ als Spezialistin für lange Zeit ungelöste Fälle gilt. Laut der Lokalzeitung ist der 40-jährige Verdächtige verheiratet und Vater von drei Kindern. Allerdings gab es offenbar Eheprobleme. Die Familie lebte zuletzt wieder in Rumänien. Das Haus sei am Sonntag durchsucht worden, bestätigte die örtliche Polizei. Der Mann sitzt in Untersuchungshaft und wurde am Dienstag zum zweiten Mal vernommen. Über den Inhalt ist nichts bekannt. Zuvor hatte er die Vorwürfe weit von sich gewiesen.

„Ein zurückhaltender, höflicher Mitarbeiter“

Derweil äußerte sich der Chef des Mannes gegenüber dem Nachrichtensender NTV. Er kenne ihn als „zurückhaltenden, höflichen Menschen“, sagte der Endinger Spediteur. In der Firma sei er beliebt gewesen. Bisher geht die Polizei davon aus, dass Carolin G. am 6. November zufällig beim Joggen zum Opfer wurde. Möglicherweise kannte der Mann die junge Frau aber auch. Wie die „Badische Zeitung“ berichtet, hatte sie regelmäßig in der Buchhaltung einer Nachbarfirma der Spedition ausgeholfen.

Das Kriminaltechnische Institut beim Landeskriminalamt in Stuttgart begann inzwischen damit, das nun vollständig vorliegende DNA-Material mit den europaweiten Datenbanken abzugleichen. Wie lange es dauere, ehe erste Ergebnisse vorlägen, sei noch nicht abzusehen, sagte ein Sprecher der Polizei in Freiburg. Bisher war ein solcher Abgleich nicht möglich gewesen, weil das DNA-Material von den Tatorten an Qualität und Masse nur für einen direkten Vergleich ausgereicht hatte. Ein solcher direkter Vergleich hatte ergeben, dass es sich bei dem Täter von Endingen und Kufstein vor drei Jahren um ein und den selben Mann handeln muss.

Polizei soll Mautdaten bekommen

Mautdaten von der Inntalautobahn bei Kufstein hatten die Ermittler auf die Spur des Mannes gebracht, der damals noch bei einer anderen Spedition gearbeitet hatte. In Deutschland ist es die polizeiliche Nutzung solcher Daten bisher nicht zulässig. Dies müsse nun „in aller Offenheit und Klarheit“ diskutiert werden, forderte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU). Es sei „ganz wichtig, dass die kriminalpolizeilichen Ermittler die richtigen Ermittlungsbefugnisse bekommen“. Auch der Justizminister Guido Wolf (CDU) verwies darauf, dass die Auswertung der österreichischen Mautdaten entscheidend zur Klärung des Falles beigetragen hätten. „Dass deutsche Mautdaten selbst bei Kapitalverbrechen aus Gründen des Datenschutzes nicht genutzt werden dürfen, halte ich vor diesem Hintergrund für bemerkenswert“, sagte Wolf.

Der innenpolitische Sprecher der Landtags-SPD, Sascha Binder, schlug vor, die Auswertung und Nutzung der Daten auf die Aufklärung von besonders schweren Verbrechen zu beschränken und an einen Richtervorbehalt zu koppeln.

Datenschützer reagieren reserviert

Ein Sprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten erklärte, dass die Debatte keineswegs neu sei, sondern bereits seit der Einführung der Lastwagenmaut geführt werde. Zahlreiche Beispiele belegten jedoch, „dass die Lockerung einer Zweckbindung zu letztlich sehr weitgehenden Verwendungsmöglichkeiten“ führe. Die Systembetreiber könnten dann für Millionen von Verkehrsteilnehmern Bewegungsprofile erstellen. Dies sei nicht hinnehmbar.