Anfang Oktober ist eine litauische Austauschstudentin in Mannheim vergewaltigt und erdrosselt worden. Den mutmaßlichen Täter hat die Polizei jetzt geschnappt. Nun wird geprüft, wo der Bauarbeiter im Einsatz war – und ob es dort weitere Sexualdelikte gegeben hat.

Mannheim - „Die Erleichterung ist riesig, nicht nur bei uns, sondern in der ganzen Stadt. Man merkt, es geht ein Aufamten durch die Bevölkerung“, sagt der Pressesprecher der Mannheimer Polizei, Martin Boll. 16 Tage lang haben 60 Beamte einer Sonderkommission an der Aufklärung des Mordes an der litauischen Austausch-Studentin Gabriele Z. gearbeitet, die am 4. Oktober unter der Kurt-Schumacher-Brücke am Rand der Innenstadt vergewaltigt und dann erdrosselt worden ist . Seit Sonntag sitzt der Tatverdächtige in Untersuchungshaft. „Wir sind überzeugt, dass wir es mit einem sehr gefährlichen Täter zu tun haben; es ist nicht übertrieben, zu sagen, mit ihm haben wir eine Zeitbombe festgenommen“, meinte Boll.

 

Der Verdächtige ist 40 Jahre alt und stammt aus Bulgarien. Von dort ist er vor einem Jahr offenbar zunächst sporadisch zum Arbeiten nach Deutschland gekommen; seit April lebte er fest hier und arbeitete in Grünstadt in der Pfalz bei einer Firma, die Kabel verlegt. In Grünstadt hat ihn die Polizei am Wochenende auch in einer Wohnung festgenommen, in der er gemeinsam mit anderen Arbeitern lebte.

Er habe sich widerstandslos festnehmen lassen. Bei einer ersten Vernehmungen habe er angegeben, er habe Frau und zwei Kinder in Bulgarien und sei dort bereits längere Zeit im Gefängnis gewesen, teilte die Polizei mit. Den Überfall auf die Studentin habe er bestritten. Auch bei den anschließenden Befragungen habe er nicht viel mehr gesagt, schildert Boll. „Er ist sehr teilnahmslos, er trägt wenig zur Aufklärung bei. Die ganze Geschichte berührt ihn nach unserem Eindruck nicht besonders“, sagte der Polizeisprecher.

Ermittler haben keinen Zweifel

Die Ermittler haben trotzdem keine Zweifel, dass sie den Richtigen verhaftet haben. „Die Beweislast ist erdrückend“, erklärte Oberstaatsanwalt Oskar Gattner bei einer Pressekonferenz. Nach Angaben der Polizei haben die Beamten in dem Zimmer des Verdächtigen das Handy sowie einen USB-Stick und weitere persönliche Gegenstände von Gabriele Z. gefunden. Zudem entdeckten sie dort eine Speicherkarte aus einer Handtasche, die er offenbar erst am vergangenen Donnerstag bei einem Überfall auf zwei junge Frauen in Grünstadt erbeutet hatte.

Wie genau die Soko den in Deutschland unbekannten Verdächtigen identifiziert und aufgespürt hat, ist bisher offen. Nur soviel hat Boll verraten: „Es ist akribische Polizeiarbeit gewesen – und er hat einen kleinen Fehler gemacht, so konnten wir ihn ermitteln“.

Neben dem Mord in Mannheim ordnet die Polizei dem Mann bereits zwei weitere Taten zu. Die erste hatte sich Mitte August kurz vor Mitternacht am Rand der Altstadt von Speyer ereignet. Dort hatte der Verdächtige, wie eine DNA-Probe belegt, eine 48-jährige Frau überfallen. Er hatte sie ins Gesicht geschlagen und – wie in Mannheim – mit ihrem Schal gewürgt, ehe er angesichts ihrer starken Gegenwehr nur mit ihrer Handtasche geflohen war. Der zweite Fall geschah am vorigen Donnerstag gegen 19.30 Uhr in einer Bahnunterführung in Grünstadt. Dort hatte der Verdächtige von hinten eine 13-jährige und eine 17-Jährige umklammert und versucht, sie vom Weg abzudrängen. Eine der beiden hatte eine Schere dabei, mit der sie den Mann abwehrte, so dass es letztlich auch hier beim Raub einer Handtasche geblieben ist.

Die Dunkelheit genutzt

„Er hat jedes Mal die Dunkelheit genutzt, alle Fälle haben sich an Örtlichkeiten ereignet, die nicht besonders stark frequentiert waren“, stellt Boll fest. Die Tat in Mannheim sei vermutlich schon bald nach 21.30 Uhr geschehen, als Gabriele Z. nach einem Filmabend in der Uni auf den Heimweg in ihre Wohngemeinschaft im Jungbusch unter der Schumacher-Brücke hindurch ging. Der Verdächtige habe bereits um 22.21 Uhr eine Fahrkarte von Mannheim nach Grünstadt gekauft.

Jetzt wolle man mit dem Arbeitgeber des Bulgaren klären, wo der in den vergangenen Monaten im Auftrag der Firma im Einsatz war. Danach wolle man genau prüfen, ob man ihm andernorts womöglich weitere Straftaten zuordnen könne, erklärte Boll. Ob er Vorstrafen in seiner Heimat habe, müsse eine offizielle Anfrage klären.

Auch wenn bis zu einem möglichen Prozess noch einige Zeit vergehen wird, fragen sich manche schon, wo der Verdächtige im Fall einer Verurteilung seine Strafe verbüßen müsste. Den ersten Teil werde er sicher in einer deutschen Haftanstalt bleiben, erklärte dazu Oberstaatsanwalt Gattner. Erst später werde geprüft, „ob er zur weiteren Verbüßung in seine Heimat abgeschoben werden kann oder muss“, sagte er.