Fast zwölf Jahre nach dem Mord an Tobias in Weil im Schönbuch beginnt am Donnerstag der Prozess. Gegenüber den Ermittlern hat der Angeklagte ein Geständnis abgelegt.

Stuttgart - Sie wollen ihn sehen. Hören, was er sagt nach all den Jahren, in denen sie wie die Ermittler auf falschen Fährten unterwegs waren. Die Eltern von Tobias, dem Jungen, der im Oktober 2000 an einem Fischweiher im Kreis Böblingen erstochen worden ist, werden dabei sein, wenn am Donnerstagmorgen der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder ihres Sohnes am Landgericht Stuttgart beginnt.

 

Angeklagt ist ein 48 Jahre alter gelernter Bäcker, der den damals elf Jahre alten Jungen am 30. Oktober mit 37 Messerstichen getötet haben soll. Tobias angelte an diesem Tag an einem Fischweiher in der Nähe von Weil im Schönbuch, als sein Mörder ihn ansprach und unter dem Vorwand, er habe Probleme mit seinem Mountainbike, hinter eine Hütte lockte. Dort erstach der Täter den Jungen und schnitt ihm nach dessen Tod die Genitalien ab.

Geständnis abgelegt

Gegenüber den Ermittlern hat der Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt. In den Vernehmungen bezeichnete er sich selbst als pädophil, ein DNA-Abgleich mit Blutspuren am Anorak des toten Jungen belastet ihn zudem schwer. Über das Motiv des Täters und seine sexuellen Neigungen wird das Gutachten des renommierten Sachverständigen Peter Winckler aus Tübingen Aufschluss geben. Seine Expertise wird auch der Frage, nachgehen, ob der Angeklagte, der seit seiner Festnahme im August vergangenen Jahres in der JVA Stammheim sitzt, voll schuldfähig ist.

„Mein Mandant wird voraussichtlich Angaben machen“, sagt der Verteidiger Michael Lepp. Die Eltern von Tobias und seinen älteren Bruder, der heute 25 Jahre alt ist, wird das Verfahren emotional an ihre Grenzen bringen. Die drei treten in dem Verfahren als Nebenkläger auf. „Sie denken, sie werden es aushalten, sollte der Angeklagte sich zur Tat äußern“, sagt der Leonberger Rechtsanwalt Hans-Peter Schmitt, der die Eltern vertritt. Sie sind seit Jahren in Familientherapie und werden den Prozess weitgehend abgeschirmt verfolgen, begleitet von einem Polizeibeamten und eine Psychologin.

Polizei jahrelang auf falscher Fährte

Morgen können sie sich wie die Öffentlichkeit erstmals ein Bild von dem Mann machen, nach dem elf Jahre lang gefahndet worden war. 45 Plätze im Saal ein, dem größten des Landgerichts, sind für Journalisten reserviert, zum Schutz des Angeklagten gelten strenge Sicherheitsvorschriften für Besucher. Bis zu seiner Festnahme galt der 48-Jährige, der seit dem Jahr 2000 im Landkreis Esslingen lebt, als unbeschriebenes Blatt – er hat weder Familie noch Freunde, ist in keinem Verein Mitglied, wurde nie polizeibekannt. Die Ermittler des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz kamen ihm bei einer Routineüberprüfung im Zusammenhang mit Kinderpornografie im Internet nur zufällig auf seine Spur.

Zuvor war die Polizei jahrelang falschen Fährten gefolgt. So stand bis 2007 ein zur Tatzeit 16-Jähriger im Fokus, ein geistig zurückgebliebener Schüler, der sich selbst belastet hatte. Er wusste zum Beispiel, in welcher Position Tobias hinter der Hütte lag und dass der tote Junge Laub in der Hand hielt – Wissen, dass seinerzeit nur der Täter oder ein Augenzeuge haben konnte. Erst vor viereinhalb Jahren stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart die Ermittlungen gegen ihn ein, ein Klageerzwingungsverfahren seitens Tobias Eltern scheiterte.

Woher der zunächst Verdächtigte Einzelheiten der Tat wusste, ist nicht Gegenstand des Mordprozesses. Dennoch: „Die Eltern sind froh, dass die Sache nun zu Ende kommt“, sagt Nebenklagevertreter Hans-Peter Schmitt. Aber schon jetzt steht fest: Auch nach dem Urteilsspruch werden offene Fragen bleiben.