Der Angeklagte hat einen Abschiedsbrief geschrieben, eine Abrechnung mit seiner Frau. Er soll sie getötet haben, weil sie die Scheidung wollte.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Bietigheim-Bissingen - Bis dass der Tod euch scheidet. An dieses Bekenntnis, ausgesprochen bei der Hochzeit vor 43 Jahren, habe er sich gehalten, erklärt der Angeklagte in seinem Abschiedsbrief. Vier Seiten hat er niedergeschrieben, es ist ein grauenvolles Dokument. Kein trauriger Blick in die Vergangenheit, sondern eine Abrechnung mit der Ehefrau. Am Ende nahm der 65-Jährige das Ehegelöbnis todernst.

 

Seit Mitte September muss der Mann sich vor der 3. Schwurgerichtskammer des Heilbronner Landgerichts verantworten. Die Prozessbeteiligten sind überzeugt, dass er am 9. Februar dieses Jahres seine Frau, die Mutter seiner beiden Kinder, erdrosselt hat - weil sie sich scheiden lassen wollte. Die Eheleute hatten sich in der einst gemeinsam genutzten Wohnung in Bietigheim-Bissingen (Kreis Ludwigsburg) getroffen, um über den Verkauf der Immobilie zu sprechen.

Dabei soll der 65-Jährige der 64-Jährigen einen zuvor eigens gekauften Strick um den Hals gelegt und zugezogen haben. Wenige Stunden später versuchte der Rentner, sich selbst das Leben zu nehmen, indem er sich an einem Strommasten aufhängte. Eine Spaziergängerin entdeckte den bewusstlosen Mann und schnitt das Seil durch. Der Staatsanwalt forderte in seinem Plädoyer am Mittwoch zehn Jahre Freiheitsstrafe für den 65-Jährigen.

Die tat war vermutlich geplant

Den Abschiedsbrief hatte der Angeklagte am Tag der Tat an den Bruder des Opfers geschickt - um "Lebewohl zu sagen und um Verzeihung zu bitten". Getippt hatte er die Zeilen auf einem Computer. Die Polizei fand heraus, dass die Datei sechs Tage vor der Tragödie erstellt worden war. Der Staatsanwalt wertet dies als entscheidenden Hinweis darauf, dass der Mann die Tat geplant hatte - und nicht im Affekt handelte.

Seine Frau war im Oktober aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Er könne sich nicht erklären, warum sie sich plötzlich habe trennen wollen, sagt der Rentner auf der Anklagebank fast schüchtern. In seinem Abschiedsbrief aber wählte er drastische Worte. Die Ehe sei für ihn eine Knechtschaft gewesen. Seine Frau habe stets im Mittelpunkt stehen wollen, habe nicht mit Geld umgehen können. Er wirft ihr sogar vor, sie habe nicht kochen können: Die Saitenwürste seien immer aufgeplatzt.

Der Staatsanwalt ist überzeugt, dass der Mann mit solchen Sätzen von seinem wirklichen Tatmotiv eher ablenkt. Seine Vermutung: der 65-Jährige sei mit der Trennung nicht zurecht gekommen. "Er wäre froh gewesen, wenn seine Frau bei ihm geblieben wäre - und hätte sicher noch gerne Hunderte geplatzte Würste gegessen."

Bis zur Tat lebte der Mann unauffällig

An die Ereignisse vom 9. Februar kann der Angeklagte sich nach eigener Aussage nicht erinnern. Der psychiatrische Sachverständige hält dies für glaubhaft. Durch den Suizidversuch sei das Gehirn des Rentners geschädigt, Erinnerungslücken seien daher "absolut nachvollziehbar".

Bis zur Tat lebte der Mann unauffällig. Er ist nicht vorbestraft. "Seine Kinder schildern ihn als klassischen Buchhalter, als Mann, bei dem alles seine Ordnung haben muss", sagt die Verteidigerin. Ihr Mandant sei mit der aktuelllen Situation völlig überfordert und noch immer suizidgefährdet. Die Tragik des Falls zeigt die Reaktion des Rentners nach der Festnahme: Erst als er sich von dem Suizidversuch erholt hatte, erfuhr der 65-Jährige, dass er seine Frau getötet haben soll.

Die Polizisten fragten ihn, ob sie jemanden wegen der Inhaftierung benachrichtigen sollten. "Benachrichtigen Sie bitte meine Frau", sagte der Mann - als sei es eine Selbstverständlichkeit. Die Kammer verkündet ihr Urteil am 17.Oktober.