Staatsanwalt Gerrie Nel wird auch „Terrier der Gerichtshöfe“ genannt. Nicht zu unrecht, so viel ist im Mordprozess gegen den Sprintstar Oscar Pistorius nach drei Tagen Kreuzverhör klar.

Pretoria - Südafrika hat einen neuen Helden. Er heißt Gerrie Nel, oder auch „Terrier der Gerichtshöfe“, und ist mittlerweile schon drei Tage lang damit beschäftigt, den Läuferstar Oscar Pistorius im Kreuzverhör in die Ecke zu treiben. Mit angehaltenem Atem verfolgen Zigtausende von Zuschauern vor Fernsehschirmen, Radioapparaten oder ihren mit ununterbrochenen Twitter-Nachrichten versorgten Smart-Telefonen wie der kompromisslose Staatsanwalt die Aussage des Angeklagten, der seine Freundin Reeva Steenkamp „aus Versehen“ erschossen haben will, ad absurdum zu führen sucht: Mal mit schockierenden Gegenüberstellungen, mal mit scharfsinnigen psychologischen Beobachtungen, mal mit akribischen kriminologischen Analysen, die einem Sherlock Holmes alle Ehre machen würden.  

 

Der grauhaarige Ankläger, der bereits einen korrupten Polizeichef hinter Gittern brachte, begann sein Verhör am Mittwoch mit einem starken Effekt: Er führte eine Videoaufnahme vor, die den Waffennarr Pistorius auf einem Schießstand beim Abfeuern eines Schusses auf eine Wassermelone

Gezeichnet von drei Tagen Kreuzverhör: Pistorius Foto: EPA
zeigt. Als die getroffene Frucht in alle Richtungen zerplatzt, lacht der Schütze auf: „Es ist weicher als ein Gehirn“, hört man Pistorius rufen: „Es ist ein Zombie Stopper.“ Im nächsten Moment lässt Nel über die Bildschirme im Gerichtssaal ein Foto der toten Reeva Steenkamp mit einer klaffenden Wunde am Kopf ausstrahlen: Der Angeklagte stöhnt auf und wendet sich ab, auch von den Zuschauerbänken sind entsetzte Rufe zu hören. „Schauen Sie sich das Bild nur genau an“, hämmert Nel auf den gebrochenen Sportsmann ein: „Denn genauso wie sie die Wassermelone explodieren ließen, haben Sie ihre Freundin getötet.“  

Die Brachialmethode des Anklägers löst zunächst erstaunte Reaktionen aus. Doch im Verlauf des Kreuzverhörs wird klar, was Nel mit dem Faustschlag beabsichtigte: Er suchte den Angeklagten in seiner „Komfortzone“, in seiner gewiss einstudierten und womöglich minutiös zurecht gelegten Darstellung der Ereignisse zu erschüttern. Tatsächlich machen immer neue Attacken des „Terriers“ deutlich, dass der zum Idol erhobene Weltstar der Verantwortung für seine Verfehlungen chronisch zu entgehen sucht: Dass er unlizenzierte Munition in seinem Tresor aufbewahrte, schiebt er seinem Vater in die Schuhe; dass er durchs Schiebedach eines fahrenden Autos geschossen haben soll, sei einer Verschwörung zweier ehemaliger Freunde zuzuschreiben; dass sich aus einer von ihm hantierten Pistole in einem Restaurant ein Schuss löste, sei einem „mirakulösen“ Umstand zu verdanken gewesen. Er habe den Abzug nicht einmal berührt, behauptet Pistorius.