Ein 44-jähriger Mann steht in Stuttgart vor dem Landgericht, weil er den neuen Lebensgefährten seiner Frau getötet haben soll.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Markgröningen - Als er in den Saal sechs des Stuttgarter Landgerichts geführt wird, ist sein Blick zu Boden gerichtet, der hagere Mann wirkt fast teilnahmslos. "Der sieht doch ganz harmlos aus", flüstert eine Prozessbeobachterin. Wie harmlos oder gefährlich der 44-Jährige tatsächlich ist, muss die neunte Schwurgerichtskammer in den kommenden Wochen herausarbeiten. Die Anklage lautet: Mord. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er den neuen Partner seiner Ehefrau getötet hat, heimtückisch mit einem Teppichmesser.

 

Es war der 7.August 2010, Vormittag, eine Landstraße bei Unterriexingen (Kreis Ludwigsburg). Im Straßengraben steht ein offensichtlich verunglückter Mercedes-Transporter. Zwei Männer eilen herbei um zu helfen-und erkennen erst spät, "dass es sich um etwas ganz anderes als einen Unfall handelt". So schilderten die beiden Zeugen die Szene am Mittwoch beim Prozessauftakt: Auf dem Beifahrersitz habe der Angeklagte auf dem Opfer gekniet und mit einem Teppichmesser zugestochen. "Da war überall Blut." Der Unterarm des Opfers habe "nur noch in Fetzen gehangen". Schließlich sei es ihnen gelungen, den Täter zu beruhigen, bis die Polizei und Notärzte eintrafen. Der Angeklagte sei "wie im Rausch gewesen", berichtete eine Sanitäterin. Das Opfer, ein 38-jähriger Mann, erlag später seinen Verletzungen. Ihm waren unzählige Schnittwunden am Kopf, im Gesicht, an Hals, Brustkorb und Armen zugefügt worden. Der 44-Jährige trug nach Angaben der Sanitäter lediglich eine kleine Wunde am Finger davon.

Er kann sich an die Tat nicht erinnern

Wie es zu dieser Auseinandersetzung kam, ist unklar. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 44-Jährigen vor, den Nebenbuhler unter einem Vorwand in sein Auto gelockt und "aus Groll" ermordet zu haben. Der Angeklagte weist dies zurück. Er sei aus der Schweiz, wo er zuletzt arbeitete, nach Unterriexingen gefahren, um sich von seiner dort lebenden Frau und seinem Sohn "für immer zu verabschieden". Die Ehe war zerrüttet, die 39-Jährige hatte die Scheidung eingereicht. Vor der Wohnung habe ihn der neue Lebensgefährte seiner Frau aufgehalten und sei zu ihm ins Auto gestiegen. Dann habe ihn der 38-Jährige angegriffen. Von diesem Zeitpunkt an setze seine Erinnerung aus. Den Angehörigen des Opfers sprach der Angeklagte seine "aufrichtige Anteilnahme" aus. Die Tatwaffe gehöre ihm nicht. Warum ihn der Freund seiner Frau attackiert habe, wisse er nicht.

Die Ehefrau indes belastete den 44-Jährigen, von dem sie bald geschieden wird, am Mittwoch schwer. Mit tränenerstickter Stimme erzählte sie, dass ihr Mann sie schon früher geschlagen und die Trennung nie akzeptiert habe. "Ich wollte mich schon ewig trennen, aber er wollte das nicht wahrhaben." Auch dann nicht, als er schon in der Schweiz wohnte. Mehrfach habe er "ein Blutbad" angekündigt und sie selbst, den gemeinsamen Sohn und ihren Lebengefährten bedroht. "Er hat gesagt, dass er mein neues Glück zerstören wird." Anfang August war die Frau einige Tage im Krankenhaus, auch dort sei ihr Mann aufgetaucht -und habe sie und ihren Sohn gefragt, "wie wir denn sterben wollen". Schon da habe sie ein Teppichmesser in seiner Hosentasche entdeckt. Dieses sei für ihren neuen Freund bestimmt, habe er gesagt.

Die Ehefrau belasted den Angeklagten schwer

Gefunden wurde bei den Ermittlungen auch ein Abschiedsbrief des Angeklagten, in dem er seine "geliebte Frau" um Verzeihung bittet und einen Selbstmord andeutet. Der 44-Jährige bestreitet, je Suizidabsichten gehabt zu haben. "Nur Albträume." Für den Prozess sind fünf Verhandlungstage angesetzt. Er wird am kommenden Montag um 9 Uhr fortgesetzt. Seine Frau belastet den Angeklagten schwer.