Das Moschee-Projekt eines muslimischen Vereins in Leinfelden-Echterdingen steckt voller Überraschungen. Die neueste Wendung stößt auch auf Unverständnis.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Leinfelden-Echterdingen - Der Pfarrer kann die Sache nicht unkommentiert lassen. Hans Stehle ist alarmiert von der neuesten Wendung in der zähen Geschichte des Moschee-Baus in Oberaichen. „Ich empfinde das wirklich als eine Gängelung“, sagt der katholische Pfarrer aus Leinfelden und meint eine Entscheidung der Stadt von vergangener Woche. Die Verwaltungsspitze hat den sogenannten Heimfall ausgerufen. Das bedeutet grob übersetzt, dass die Stadt das Grundstück im Oberaicher Gewerbegebiet zurückfordert, um dann neu über die Rahmenbedingungen zu verhandeln.

 

Das ist insofern bemerkenswert, als dass der Rohbau für das Gebetshaus steht und der muslimische Verein für Kultur, Bildung und Integration, kurz VKBI, das Grundstück vor Kurzem gekauft hat. Auch das kam überraschend. Hatte der Verein der Stadt gegenüber bisher offenbar oft betont, er sei von der Insolvenz bedroht, so wurde das Verkaufsgeschäft prompt abgewickelt. Die 883 400 Euro sind auf dem Konto der Stadt. Nun will die Stadt das Rad zurückdrehen und mithilfe einer Vertragsklausel die Weichen neu stellen. Denn ein von der Stadt beauftragter Gutachter hat dargelegt, dass der erste Bauabschnitt nicht bis Ende Oktober fertig sein wird, wohl nicht einmal bis Ende Dezember. Doch dies war die Forderung der Stadt.

Der Verein will keinen Streit

Das Vorgehen der Stadt lässt den VKBI ratlos zurück. „Was ist das Ziel der Stadt?“, fragt sich Kazim Per, der den Verein berät. „Wir verstehen nicht, wo das hinführen soll.“ Dass sich Bauarbeiten verzögern, könne schließlich vorkommen. Mit dem vorgegebenen engen Zeitkorsett „kann man doch keine Projekte machen“, sagt Per. Er betont, dass der Verein nicht auf Unfrieden aus ist. „Wir wollen uns nicht streiten, das bringt ja nichts.“

Mit seinem Unverständnis ist der VKBI nicht allein. Der Pfarrer Stehle fordert, die Stadt solle den Verein lieber unterstützen, „als immer wieder Sand ins Getriebe zu streuen“. Es gebe nun mal Muslime in der Stadt, und es gebe Gebetsstätten. Es sei doch besser, diese aus dem Verborgenen zu holen, „wir brauchen öffentliche Moscheen“, sagt Stehle. Er beobachtet besorgt, wie sich die Stimmung dreht – gegen den muslimischen Verein und gegen das Projekt. Er habe gehört, dass gemunkelt werde, die christlichen Kirchen zündeln im Hintergrund gegen das Bauprojekt. „Das stimmt aber nicht, wir sind dafür“, sagt er. Der VKBI habe nichts mit extremen islamischen Strömungen zu tun. „Wir sollten den Verein stark machen“, sagt der Pfarrer. Um radikaleren Gruppen erst gar keine Chance zu lassen.

Die Grünen äußern sich kritisch

Auch der Ortsverband der Grünen äußert sich in einer Mitteilung kritisch zum Thema. „Vordergründig wird mit Rechtsfragen argumentiert“, schreiben sie. „Aber nicht nur von Rechtspopulisten kommen jetzt mehr oder weniger islamfeindliche Äußerungen.“ Die Grünen werben dafür, den Muslimen in der Stadt endlich einen Ort zuzugestehen, an dem sie „in würdiger Umgebung“ beten können. „Die dort beten werden, sind unsere Nachbarn, Arbeitskollegen – Bürger unserer Stadt.“

Der Oberbürgermeister Roland Klenk war noch im Urlaub, als der Heimfall seitens der Stadt Ende vergangener Woche ausgesprochen worden ist. Doch er sei freilich involviert gewesen, sagt er auf Nachfrage unserer Zeitung. „Das ist auf meine Initiative hin erfolgt“, sagt Klenk. „Der Verein hat sich nicht als verlässlicher Partner gezeigt.“ Zur Erinnerung: Immer wieder hat das Projekt geholpert, Pläne waren nicht abgestimmt, und die Bauarbeiten gingen zeitweise recht schleppend voran. Klenk sagt, die Stadt wolle ein sauberes Geschäft machen. „Ich stehe zu dem Schritt.“ Wie es nun konkret weitergehen wird, kann Klenk derzeit nicht abschätzen. Klar sei, „die Stadt ist an einer außergerichtlichen Einigung interessiert“. Dass der Rohbau ein Fall für den Abrissbagger ist, davon geht der Oberbürgermeister nicht aus.

Kommt eine „Moschee light“?

Doch bekanntlich möchte die Stadt das Projekt eindampfen, von einer „Moschee light“ ist die Rede. Demnach dürfte das Gebetshaus fertig gebaut werden, nicht aber ein Schülerwohnheim und ein kleines Ladenzentrum. Aus Sicht des Vereins ergibt ein abgespecktes Projekt allerdings keinen Sinn. „Das eine funktioniert nicht ohne das andere“, erklärt der Berater Kazim Per. Die Pläne hängen untrennbar miteinander zusammen. Der VKBI werde sich nun zunächst juristisch beraten lassen.