Verschiedene Gruppen nehmen den Moschee-Streit in Leinfelden-Echterdingen zum Anlass, ihre Sicht der Dinge im Amtsblatt der Stadt zu veröffentlichen. Das hat eine Debatte in der Stadt ausgelöst.

Leinfelden-Echterdingen - Am Dienstag, 4. Februar, verkünden die Richter der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart, ob sie in Sachen Moschee auf den Fildern weiter zuständig sind oder ob der Streit ans Verwaltungsgericht verwiesen werden muss. Dann wird sich zeigen, wie es weitergeht in der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen der Stadt Leinfelden-Echterdingen und dem muslimischen Verein für Kultur, Bildung und Integration (VKBI). Derweil beschäftigen Texte des AfD-Ortsverbandes Filder und des Liberal-säkularen Bündnisses die Gemüter in der Stadt. Beide Gruppen befassen sich im Amtsblatt – jeweils in ihrer Rubrik – mit dem Moscheebau in Oberaichen.

 

„Rassistisch, fremdenfeindlich, diskriminierend“ – so bezeichnet die Flüchtlingshelferin Monika Heilmann einen Beitrag des Liberal-säkularen Bündnisses, der am 17. Januar im Amtsblatt erschienen ist. Sie hat sich derart geärgert, dass sie deshalb Oberbürgermeister Roland Klenk einen offenen Brief geschrieben hat. In der Bürgerfragestunde des Gemeinderats fragte sie: „Das Amtsblatt ist das Sprachrohr der Stadt: Wie viel rassistische Hetze will der Gemeinderat darin dulden?“

Katharina Wirges und Dieter Peukert hatten im Herbst 2018 eine Initiative gegründet, die sich mittlerweile Liberal-säkulares Bündnis nennt. Viele Oberaichener hätten Angst, dass in ihrem Ort ein islamisches Zentrum, eine Parallelgesellschaft entstehe, sagten sie unserer Zeitung. Das Bündnis setzt auf eine Trennung von Staat und Religion und beobachtet in diesem Zusammenhang den Moscheebau kritisch, erklärten sie.

Auf Einladung dieser Gruppe hatte die Frauenrechtlerin und Islamkritikerin Zana Ramadani im Mai 2019 einen Vortrag in Stuttgart-Vaihingen gehalten. Mitte Januar rief das Bündnis im Amtsblatt ihre Thesen in Erinnerung. Ramadanis Meinung nach erziehen muslimische Frauen „ihre Töchter zu willenlosen Lemmingen, ihre Söhne zu verwöhnten Machos, und weil diese Hätschel-Machos damit im Leben scheitern, zu den nächsten Radikalen“. Die gleichen Sätze findet man auch im Internet als Beschreibung ihres Buches mit dem Titel: „Die verschleierte Gefahr. Die Macht der muslimischen Mütter und der Toleranzwahn der Deutschen“.

Kein Verstoß gegen die Regeln

Klaus Peter Wagner, Leiter der Stabsstelle für Grundsatzangelegenheiten und Öffentlichkeitsarbeit in L.-E., sagt dazu: „Wir haben sehr genau geprüft, ob dieser Beitrag den Amtsblatt-Statuten entspricht.“ Man habe dann entschieden, den Text abzudrucken, denn das Bündnis zitiere Frau Ramadani nur, stelle deren Aussagen teils sogar in Frage. Die Gruppe selbst enthalte sich der Meinung, auf persönliche Angriffe werde verzichtet. Damit verstoße sie gegen keine Regel. Es sei erlaubt, andere Meinungen, die man nicht zwingend teilen muss, zur Diskussion zu stellen. Das müsse das Recht auf freie Meinungsäußerung aushalten.

Ähnlich hat sich Oberbürgermeister Klenk im Gemeinderat ausgedrückt. „Das sind ausschließlich Zitate aus einem Vortrag“, sagte er. Auch wenn diese ärgerlich seien und befremdlich wirkten, könne die Stadtverwaltung – auch im Nachhinein – keine Straftat entdecken. Denn: „Im Prinzip gilt die Meinungsfreiheit.“ Klenk rief zu „einer gewissen Toleranz“ auf, schließlich lebe man in einer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft.

Lob vom AfD-Ortsverband

Der AfD-Ortsverband Filder stellt eine Ausgabe später im Amtsblatt fest: „An der unendlichen Geschichte Filder-Moschee sind Kläger und Beklagte nicht ganz unschuldig. Jedoch die Sorge des Oberbürgermeisters, mit der Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts (Koranschule, Supermarkt, Friseur) verhindere man eine gute Integration, ist berechtigt.“ Klenk lässt dazu auf Nachfrage ausrichten: In seinem Amt könne er es sich nicht aussuchen, von wem er gelobt werde, genauso wenig, wie von wem er getadelt werde.

Die SPD-Stadträtin Barbara Sinner-Bartels sagt zu dem AfD-Beitrag: „Hier wird mit falschen Behauptungen Stimmung gemacht, mit Worten gezündelt.“ Sie stört sich unter anderem an dem Wort Koranschule. Denn ein Schülerwohnheim, wie es die Muslime in Oberaichen bauen wollen, sei eben keine Koranschule. Vielmehr würden die Kinder und die Jugendlichen tagsüber staatliche Schulen besuchen und erst abends oder nachmittags zusätzlich Islamunterricht erhalten.