Aktuell ist Oberbürgermeister Roland Klenk mehr als verschnupft. Sein Ärger ist einem Schreiben zu entnehmen, dass der Rathauschef dem VKBI-Vorsitzenden Muhammet Güçlü geschickt hat und das auch unserer Zeitung vorliegt. Güçlü hatte Klenk für Anfang der Woche zu einem Gespräch eingeladen. Diese Einladung konnte der Rathauschef aufgrund anderer Termine nicht wahrnehmen. Erst nachträglich hat er dann erfahren, dass auch Stadträte, ein Pfarrer und der Anwalt der Muslime eingeladen waren.
In dem Brief nimmt Klenk auch Stellung zum eigentlichen Thema: dem Weiterbau der Moschee im Oberaichener Gewerbegebiet. Klenk bietet dem VKBI an, das Gebetshaus in einer angemessenen Frist fertigstellen zu können. Auf das Schülerheim und Vereinsräume müssten die Muslime dann verzichten. Der Moscheebaugrund bliebe im Eigentum der Stadt.
Genau dieses Vorgehen hatte der Gemeinderat bereits 2019 beschlossen. Genau dieses Angebot wurde dem VKBI schon vor drei Jahren unterbreitet, und es will nicht passen zu dem, was die Richter des Oberlandesgerichts beiden Parteien – also auch der Stadt – ans Herz gelegt hatten: Einen Schritt zu machen und dann zu schauen, wie weit man noch voneinander entfernt ist.
Der Oberbürgermeister setzt dem Verein eine Frist
Weil mittlerweile feststehe, dass die Stadt in diesem Streit die besseren Karten habe, haben sich laut Klenk seit 2019 die Rahmenbedingungen geändert, stellt er in dem Schreiben klar. Deshalb sei das Angebot nun ein deutlich weiteres Entgegenkommen, als noch vor Jahren. Bis Dienstag, 5. Juli, bittet Klenk die Muslime um eine Stellungnahme. „Wir müssen jetzt mal wissen, ob es überhaupt einen Vorschlag vom VKBI gibt“, sagt Klaus Peter Wagner, Leiter der Stabsstelle für Grundsatzangelegenheiten und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt, unserer Zeitung. „Wie steht der Verein heute zu dem Vorschlag, den die Stadt ihm 2019 unterbreitet hat. Ist dieser für ihn jetzt akzeptabel oder nicht?“ Bisher liege der Stadt seitens des VKBI nämlich nichts Schriftliches auf dem Tisch. „Darauf warten wir“, sagt Wagner.
Muhammet Güçlü „war erst mal baff“, als er den Brief des Oberbürgermeisters erhalten hat, wie er unserer Zeitung sagt. Er habe auch eine Einladung an Vertreter des Gemeinderates und der Kirche ausgesprochen, weil nicht alle in den Pfingstferien dabei sein konnten, als die Moschee-Baustelle besichtigt wurde. Die Kommune wollte sich ein Bild vom Baufortschritt des Projektes machen. Das Gebetshaus selbst ist weit gediehen, sagt Wagner. Im Untergrund wurden zudem Kellerräume geschaffen, in denen die Technik für das sakrale Gebäude untergebracht ist, wie Güçlü unserer Zeitung erklärt. Dieser Keller gehört noch zum ersten Bauabschnitt, auf ihm würde aber der zweite Bauabschnitt zum stehen kommen – wenn er denn gebaut wird.
Warum die Muslime mehr als ein Gebetshaus wollen
„Das sakrale Gebäude allein ist für die Vereinsarbeit nicht ausreichend“, sagt der VKBI-Vorsitzende. „Wir brauchen zwingend zusätzliche Räume.“ Diese entsprächen dem Gemeindehaus einer Kirche. Bis Montag will Güçlü dem OB antworten. Er will auch zeitnah das Gespräch mit ihm suchen, um inhaltlich weiterzukommen. Auch die Muslime haben mittlerweile Ideen entwickelt, wie eine Vergleichslösung aussehen könnte. Diese wollen sie aber zunächst mit dem Oberbürgermeister diskutieren, bevor sie publik gemacht werden können.
„Wenn der Vorschlag des VKBI auf den Tisch liegt, wird der Ältestenrat des Gemeinderates einberufen, der das weitere Verfahren zu klären hat“, sagt Wagner. Dann werde es möglicherweise auch eine Sondersitzung des Gemeinderates geben. „Wir müssen zunächst den Nebel lichten, um dann konstruktiv weiterzumachen.“
Der Vergleich
Gericht
Am 17. Mai hatten die Richter des 10. Zivilsenats des Stuttgarter Oberlandesgericht beiden Parteien im Moscheestreit auferlegt, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen, Verhandlungen zu führen und das Ergebnis bis Ende Juli dem Senat mitzuteilen. Das Ziel ist es, den Streit mit einem Vergleich zu beenden. Ein Urteil soll verhindert werden.
Beratung
Die SPD-Fraktion wollte in der jüngsten Gemeinderatssitzung wissen, wann sich der Gemeinderat mit der Angelegenheit befasst. Die Fraktion wünscht sich angesichts der Grundsätzlichkeit der Sache eine öffentliche Beratung.