Moscheeverband an der Uni Tübingen Politik wegen Einfluss von Ditib alarmiert

Der Neubau des Zentrums für Islamische Theologie (Zith) an der Uni Tübingen Foto: Weißenborn

Politiker im Land werfen der Regierung Blauäugigkeit und Tatenlosigkeit vor: Der Islamverband Ditib dürfe an der Uni Tübingen keine freie Hand haben, mahnen sie.

Ein Bericht unserer Zeitung über den wachsenden Einfluss des Islamverbands Ditib am Zentrum für Islamische Theologie der Universität Tübingen (Zith) hat in der baden-württembergischen Landespolitik ein kritisches Echo ausgelöst. Birgül Akpinar, die Integrations- und Sicherheitsexpertin im CDU-Landesvorstand, wirft der Uni Tübingen und der Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) Blauäugigkeit vor: „Solange Ditib als Ableger des türkischen Staats fungiert, solange ist sie auch seinen Direktiven verpflichtet und wird dessen Interessen vertreten“, unterstreicht die CDU-Politikerin.

 

CDU-Politikerin: Kein grundgesetzkonformer Islamb mit bestehenden Muslimverbänden

Und grundsätzlicher: Es sei eine Illusion zu denken, „dass der deutsche Staat mit den vorhandenen Muslimverbänden einen Islam schaffen kann, der grundgesetzkonform ist, sodass er in unser säkulares Staatsgefüge passt“. Die Entscheidung, „wohin die Reise des Islam geht“ werde auch in naher Zukunft nicht an deutschen Universitäten getroffen, sondern „im Nahen und Mittleren Osten“. Der Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (Grüne) sagt: „Ich sehe mit Sorge, dass am Zith die Ditib gegenüber den anderen Verbänden ein starkes Übergewicht hat. Sollte sich der Vorwurf bestätigen, dass Ditib – der verlängerte Arm Erdogans – den Einfluss für vereinstaktische Personalpolitik missbraucht, wäre das ein Skandal.“

Die Recherchen unserer Zeitung haben ein zunehmend enge Verflechtung zwischen dem größten Moscheeverband in Deutschland und dem Zith offengelegt. Rund 1000 aus der Türkei entsandte Imame betreuen rund 900 Ditib-Moscheen, darunter 165 in Baden-Württemberg. Ditib untersteht der türkischen Religionsbehörde Diyanet. Die Diyanet wiederum untersteht dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und bestimmt auch den Ditib-Bundesvorstand. Namentlich der frühere Zith-Direktor Erdal Toprakyaran und seine Nachfolgerin Lejla Demiri pflegen enge Kontakte zu Ditib, unter anderem über Stellenbesetzungen am Zith. Die Universität bestreitet das.

FDP-Fraktionschef Rülke: Wissenschaftsministerin muss tätig werden

Auch der FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke ist alarmiert, vor allem mit Blick auf die Rolle des Zith bei der Ausbildung künftiger islamischer Religionslehrer: „Diese sollen einen aufgeklärten, friedlichen Islam an den Schulen lehren, um Hasspredigern keinen Raum zu lassen.“ Deshalb dürften radikale Kräfte beim Zith keinen Einfluss nehmen können.

Seine unmissverständliche Forderung an die Landesregierung: „Von der Wissenschaftsministerin und der Kultusministerin erwarte ich, dies zu jeder Zeit sicherzustellen“, betont Rülke. Er verweist auf eine besorgniserregende aktuelle Studie, wonach rund ein Viertel der angehenden islamischen Religionslehrer und Theologen als „fundamentalistisch“ einzuschätzen sei und knapp die Hälfte dem Staat Israel das Existenzrecht abspreche. „Wenn dies die künftigen Lehrer an unseren Schulen sein sollen, ist unserer freiheitlichen, aufgeklärten und friedvollen Gesellschaft ein Bärendienst erwiesen“, so der FDP-Politiker weiter.

SPD: Keine direkte oder indirekte Einflussnahme der Türkei

Die Sozialdemokraten schließen sich Rülkes Forderung an die Landesregierung an: In Deutschland gelte Wissenschaftsfreiheit, das schließe „eine direkte oder indirekte Einflussnahme“ auch durch den türkischen Staat aus, sagt der innenpolitische Sprecher Sascha Binder. „Wissenschaftsministerin Olschowski hat die Verpflichtung beim Islamzentrum der Universität Tübingen genau hinzuschauen.“ Das gelte insbesondere bei Stellenbesetzungen.

Der AfD-Sicherheitspolitiker Hans-Jürgen Goßner zeigt sich „entsetzt“ über „das Ausmaß der Unterwanderung einer staatlichen Uni durch Islamisten und Antisemiten“. Der Göppinger Landtagsabgeordnete verweist auf eine Stellungnahme von Innenminister Thomas Strobl (CDU) zur Zunahme antisemitischer Straftaten im Land. Darin habe Strobl, so Goßner, von den Universitäten mehr Wachsamkeit und ein schnelleres Eingreifen gefordert. Da mache ihn „der Umgang der Universitätsleitung mit dem Zentrum für Islamische Theologie fassungslos“.

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