Nicht nur die Weinberge mit ihren Steillagen prägen die Kulturlandschaft, auch die Streuobstwiesen. Einige Enthusiasten kümmern sich um diese und machen wunderbaren Most, hat Kolumnist Michael Weier festgestellt!
Wer sich über Jahrzehnte mit dem Wein beschäftigt, trifft zwangsläufig auf viele Snobs. Vermutlich halten mich meine Freunde auch für einen, schon deshalb, weil ich das Glas immer vorher schwenke und dann die Nase reinstecke. Deshalb bin ich noch lang kein Snob. Aber ja, der Wein verleitet zum Höhenflug, allein weil man Unsummen dafür ausgeben kann. Und bei Weinproben erlebt man ganz schöne Angeber.
Der erste Rausch mit Most
Kürzlich machte ich allerdings eine Verkostung mit, die mich erden sollte. Dabei wurde ebenfalls gerochen, das Glas gegen das Licht gehalten, probiert. Von Snobismus war die Veranstaltung so weit entfernt wie die VfB-Kicker von der Champions League. Ich war bei der Most-Meisterschaft.
Zum Most nur so viel: Ich war sehr geehrt, dass ich als Weinkolumnist eingeladen worden bin. Meine Expertise lautete: Meinen ersten Rausch habe ich als kleines Kind erfahren, als ich mit meinem besten Freund im tiefen Keller an das Mostfass seines Vaters gegangen bin. Verbotenes lockt Kinder an! Weil uns das Getränk nicht sonderlich geschmeckt hat, konsumierten wir wenig, die Folgen waren dennoch verheerend.
Arbeiten wie ein Wengerter
Trotzdem stehe ich dem Most auch heute noch extrem positiv gegenüber. Wenn Weinliebhaber von der Kulturlandschaft der Steillagen schwärmen, dann kann ich das auch von den Streuobstwiesen. Die sind schlicht wunderschön und bereiten mir ein wohliges Heimatgefühl. Sehr traurig, dass sich immer weniger Menschen die Mühe machen, die Äpfel aufzulesen, wie der Schwabe sagt. Bei der Mostprämierung in Mötzingen sind sie dagegen voll im Einsatz für die Kulturlandschaft.
Wer Mostkönig werden will, muss wie ein guter Wengerter arbeiten: Nur gesundes Obst landet im Eimer, bei der Lese entscheidet die Qualität! Höhenflüge lässt das Produkt trotzdem nicht zu. Bodenständig und geerdet sind die Mostmacher, was ihr Getränk zusätzlich schmackhaft macht.