Der Reutlinger Motocross-Fahrer Dennis Garhammer und seine vier Freestyle-Kollegen wollen beim 32. Supercross in der Schleyerhalle wieder ihre Show abziehen. Was wir zeigen, ist spektakulär, aber nicht lebensgefährlich“, sagt der 26-Jährige.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Die Schirmmütze trägt er nach hinten gedreht. Seine langen Haare ragen aus der Kappe vogelwild heraus, und das grüne Baumfällerhemd rundet das Gesamtbild ab. Seiner Berufsgruppe entsprechend tritt der Reutlinger Motocross-Fahrer Dennis Garhammer stilsicher auf. Auch Snowboarder oder Skifahrer wie der lebensfrohe Amerikaner Ted Ligety wählen die etwas schlampig-rustikale Garderobe. Nur sie spiegelt anscheinend das von Individualismus und Freiheit geprägte Lebensgefühl wider.

 

Garhammer fühlt sich im Leben richtig frei, wenn er mit einer Motocross-Maschine in zehn Meter Höhe durch die Luft fliegt. Am Freitag und am Samstag wird er in der Schleyerhalle bei der 32. Auflage des Supercross zeigen, was er kann. Er nimmt im Kampf um den Sieg nicht an den Rennen teil, das wäre womöglich ein bisserl zu profan für ihn. Garhammer ist einer von fünf Freestyle-Fahrern, die nach dem Rennbetrieb in luftiger Höhe auf ihren Motorrädern Salti und andere mutige Einlagen machen.

Rückkehr nach zwei schweren Verletzungen

Diese waghalsige Art der Show hat sich im Rahmenprogramm von Motocross-Veranstaltungen in der Halle längst etabliert. Dennis Garhammer, der Sohn des ehemaligen Seitenwagen-Vizeweltmeisters Michael Garhammer, fuhr 18 Jahre Motocross-Rennen, danach spezialisierte er sich auf die durch Akrobatik bestimmte Show. Im vergangenen Jahr trübte zwar die Nachricht eines tödlich verunglückten Freestylers ausgerechnet kurz vor dem Ereignis in der Schleyerhalle die Stimmung – doch gefährlicher als das übliche Motocross-Fahren seien die kühnen Sprünge nicht. „Da wurde jeder Sprung tausendmal ausprobiert. Was wir zeigen, ist spektakulär, aber nicht lebensgefährlich“, glaubt er.

Der 26 Jahre alte Reutlinger sagt das nach persönlich schwierigen Zeiten. Vor zwei Jahren brach er sich den Oberschenkel, 2013 die Hüfte – das waren keine Kleinigkeiten, und sie warfen ihn sportlich zurück. Passiert sind die Unfälle jedoch bei ganz gewöhnlichen Motocross-Fahrten, und nicht bei Freestyle-Sprüngen. Er habe da einfach Pech gehabt und nur mal kurz nicht richtig aufgepasst.

Bei allem Mut zu den Kapriolen in der Luft – die Show hat für Dennis Garhammer auch Grenzen. Amerikanische Freestyler zeigen schon den doppelten Rückwärtssalto, von solchen Verrücktheiten hält der Schwabe herzlich wenig. Also werden in Stuttgart diese als riskant eingestuften Kunststücke nicht zu sehen sein. Doch trotzdem seien gute Leute am Start, sagt Garhammer. Der Lokalmatador wird bis Freitag in der Schleyerhalle die Absprungrampe mit seinem Knowhow so aufstellen, dass nichts schiefgehen kann. Außerdem hat er die anderen Freestyle-Brüder ausgesucht und eingeladen.

Zu den furchlosen Fünf gehört auch ein 16-Jähriger

Von den furchtlosen fünf gilt der erst 16 Jahre alte Luc Ackermann aus Niederdolda in Thüringen als Mann der Zukunft. Er ist einer der besten Nachwuchsspringer der Welt und beherrschte schon mit zwölf den Rückwärtssalto. Zu den Routiniers in der Freestyle-Szene zählt der ebenfalls in Stuttgart startende Franzose Romain Izzo, 32 Jahre alt und bekannt für seine gewagten Backflip-Kombinationen. Zudem brettern der Russe Alexei Kolesnikov und der Italiener Davide Rossi über die Rampe.

Bis diese in der Schleyerhalle richtig steht, wird Garhammer einige Stunden benötigen. Jeder Zentimeter, um den sie verrückt wird, verändert die Flugphase eklatant. An der Hallendecke in Stuttgart befinden sich tiefliegende Streben. Sie lassen Sprünge in der gewohnten Höhe von bis zu zehn Metern nicht zu. „Die Tophöhe muss also genau zwischen diesen Streben erreicht werden“, sagt Garhammer, das sei in Stuttgart das Problem. Und deshalb muss er die optimale Position der Rampe ganz exakt ermitteln.

So ist Dennis Garhammer augenblicklich als Freestyle-Organisator und -Springer in Personalunion ein viel beschäftigter Mann. Wenn die Rampe steht, geht es für ihn nach zwei Jahren verletzungsbedingter Abstinenz wieder darum, den Anschluss zu finden – und auch noch um etwas ganz anderes: Er will einfach mächtig Spaß haben mit den anderen Jungs. Das ist nun einmal die Essenz seines Lebensgefühls.