Dennis Ullrich ist 21 Jahre alt und wird als der kommende deutsche Motocross-Star gehandelt. In Stuttgart hatte er am Wochenende aber ein nicht allzu geringes Problem.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Dennis Ullrich ist einer der besten deutschen Motocrossfahrer. Er krönte die Saison 2014 mit dem MX-Masters-Titel, wurde am Wochenende beim Hallencross in der Schleyerhalle zum Herausforderer der Amerikaner und Franzosen hochstilisiert, aber er hat ein kleines Problem. Ullrich ist scheu. Reden ist ihm zuwider. Im vergangenen Jahr bekam das nach dem Supercross in Stuttgart vor allem der SWR zu spüren. Ullrich wurde damals am Sonntagabend in der Sendung „Sport im Dritten“ erwartet – doch am Morgen rief er an und erteilte dem Sender eine Absage.

 

Nun ist es um die Popularität der ländlich geprägten Disziplin Motocross nicht zum Besten bestellt – und dann macht sich einer ihrer Hauptdarsteller auch noch rar. Es gab schon andere Beispiele. Collin Dugmore hörte nicht mehr mit dem Reden auf, wenn er gefragt wurde, zum Thema eigneten sich seine mehr als 20 Knochenbrüche. Traditionell verschickte er Grußkarten zum Jahreswechsel. Die Geste war auch Teil seiner Selbstvermarktungsstrategie.

Dennis Ullrich müsste es dagegen mal mit einem PR-Berater versuchen. Dass sich der stille Fahrer bei der großen Show in der Schleyerhalle für keines der beiden Finals qualifizieren konnte (Gesamtsieger wurde der Franzose Gregory Aranda), gab noch mehr Anlass zur Verschwiegenheit. Er wechselte von KTM zu Suzuki, erst seit November sitzt er auf seinem neuen Motorrad. Da ist die Einheit zwischen Mensch und Maschine noch nicht vollständig hergestellt. „Ich konnte im Vorfeld mit der Suzuki noch nicht so viel trainieren“, sagt Ullrich, das habe auch am schlechten Wetter gelegen. Außerdem sei die Umstellung auf eine neue Maschine stets ein enormer Akt. Obwohl die Suzuki im Hinblick auf das Handling besser sei als sein altes Fabrikat.

„Ich bin stolz auf ihn“

Während sein Landsmann Ken Roczen in den USA die Szene aufmischt und dort in seiner Sportart ein Superstar ist wie der Würzburger Basketballer Dirk Nowitzki, bastelt Ullrich zu Hause an seiner Karriere. „Träumen kann man viel“, sagt er und streicht damit eine vergleichbare Karriere in den USA noch aus seinen Lebensplänen. Der für den Holzgerlinger Motocrossclub startende Fahrer hat aber zumindest mal den deutlich kürzeren Sprung vom Schönbuch nach Saarlouis geschafft. Dort ist sein Trainer Thomas Kneip beheimatet.

Der nahm Dennis Ullrich auf wie einen Sohn. Seit vier Jahren ist das so. Damit alles auch schön in der Familie bleibt, ist Ullrich überdies der Freund von Kneips Tochter Vanessa, einer angehenden Studentin, die sich redseliger präsentiert als ihr Partner. „Ich bin stolz auf ihn. Er hat hart gekämpft und viel gearbeitet“, sagt sie im Hinblick auf seinen Masterssieg in diesem Jahr.

Ein Umfeld zum Wohlfühlen

In diesem Umfeld fühlt der Ulle, wie sie ihn nennen, richtig wohl. Und er musste sich auch mal von seinem Vater abnabeln, der ihn bis dahin betreut hatte. In Saarlouis halten die Kneips dem 21-Jährigen den Rücken frei, damit der Freund des Ausdauersports laufen, schwimmen und Rad fahren kann. Vor allem Vanessa kennt aus der aktiven Zeit ihres Vaters das Leben im Wohnwagen aus dem Effeff. In Stuttgart folgt sie ihrem drahtigen und austrainiert wirkenden Freund auf Schritt und Tritt. Dabei hält sie natürlich auch Handtuch und Wasserflasche immer griffbereit.

Im Saarland kann sich Ullrich also auf seinen Job konzentrieren. Der talentierte Mann würde sich inzwischen auch als Profi bezeichnen, was immer das heißt im Motocross. „Meine Einnahmen reichen für einen relativ normalen Lebensstandard“, sagt der Deutsche, dessen nächstes Ziel die WM ist. „Mein Team und ich haben und ganz darauf fokussiert“, meint er und begründet damit seinen Wechsel zu Suzuki.

Den MX-Masters-Erfolg schafften vor ihm übrigens namhafte Kollegen wie Max Nagl, Marcus Schiffer – und Ken Roczen. Der erzählt Ullrich am Telefon oft vom aufregenden Leben in den USA. Doch davon ist der scheue Ulle aus Saarlouis in einigen Bereichen noch weit entfernt.