Es kann auch mal brenzlig werden bei den Formel-Rennserien auf dem Wasser. Weshalb es viel Talent braucht, zeigt der Aufstieg des jungen Motorbootpiloten Maximilian Stilz aus Kernen im Remstal.

Kernen - Maximilian Stilz, 20, steht in einer Garage in Rommelshausen, einem Ortsteil von Kernen im Remstal. Sein Vater Michael Scheerer, 48, neben ihm. Gemeinsam betrachten sie ein weißes Boot. Doch die Optik entspricht nicht dem, was man sich gemeinhin unter einem üblichen Gefährt auf Wasser vorstellt. Das Boot hat zwei Rümpfe – wie ein Katamaran. Nur ohne Segel und begehbare Außenplattform. Dafür verfügt es über ein Cockpit wie in einem Sportwagen, inklusive eines Sitzes aus Karbon, Lenkrad, Gaspedal und Atemmaske. Es ist das alte Motorboot von Maximilian Stilz, einem jungen, aufstrebenden Rennfahrer.

 

Innerhalb von zehn Jahren hat sich der 20-Jährige vom Schlauchboot, inklusive Europa- und Weltmeistertitel, in die Weltserie der Formel 4 (F4S World Series) hochgearbeitet, wo er seit dieser Saison für den internationalen Rennstall Blaze Performance Team aktiv ist. Auf der ganzen Welt ist Stilz unterwegs. Bald auch in China oder Abu Dhabi. Exotische Orte, da die Austragung eines solchen Spektakels zwei Millionen Euro kostet – was sich nicht jeder leisten kann und will.

Formel-4-Boote bis zu 130 km/h schnell

Die Formel-4-Boote fegen mit bis zu 130 Kilometern pro Stunde über das Wasser, müssen Bojen umkurven und dabei Kollisionen mit der Konkurrenz vermeiden. Durch die Zusammenarbeit mit dem italienischen Rennstall gab es durch den Einstieg in die Weltserie neben einem neuen Boot auch die Übernahme der Reparaturkosten. Zuvor hatte diese die Familie selbst mithilfe von Sponsorengeldern aus der Region tragen müssen – denn ein Boot bleibt trotz aller Bemühungen nicht immer unversehrt. Schließlich gibt es kein Bremspedal. Windstöße oder unerwartete Wellengänge müssen genau antizipiert werden. Ansonsten hebt das Boot ab. „Das Schlimmste, was mir bisher passiert ist“, erzählt Stilz, „war eine ausgekugelte Schulter.“ In einem umkämpften Kurvenduell war ein Gegner seitlich in ihn reingerauscht und über ihn gekracht. „Die Boote sind mittlerweile aber ziemlich sicher“, sagt er. Dennoch sei Vertrauen in das eigene Fahrzeug ein wichtiger Punkt, weshalb der gelernte Industriemechaniker gerne auch mal selbst die letzte Schraube nachzieht. „Sicher ist sicher“, sagt er und lacht.

Sitz des Teams in Mailand

An seinem aktuellen Boot kann der Jungpilot derzeit allerdings nicht arbeiten. Das hat einen einfachen Grund: „Der Sitz des Teams ist in Mailand“, sagt Michael Scheerer. Und während der Saison befinde sich das Rennboot sowieso immer am Ort des nächsten Wettkampfs. Zuletzt in London, wo Maximilian Stilz im Juni überraschend beide Rennen gewann und die Gesamtführung der Serie übernahm – in seinem ersten Jahr in der Weltserie. Zuvor war er in der Formel 4 nur innerhalb Deutschlands gefahren. Deshalb halten sich Vater und Sohn mit vorlauten Tönen zurück. „Unser Boot ist hinsichtlich des Leistungsvermögens nicht unter den Top Drei“, sagt Scheerer. Das Wasser in London sei rau gewesen – ein Vorteil für schwächere Boote. Wie auf einer asphaltierten Rennstrecke bei Regen. Ein Fakt, der allerdings für die Qualitäten des Fahrers spricht. „Max startet meistens überragend“, betont Scheerer. Da es auf dem Wasser nichts Schlimmeres gibt als den Windschatten, „ist ein guter Start die halbe Miete“, betont auch Maximilian Stilz.

Königsklasse des Wasserrennsports als Ziel

Unter anderem aufgrund dieser Fähigkeit gibt es ein fest formuliertes Ziel innerhalb des Teams, dem auch Mutter Petra Stilz angehört: In vier Jahren soll der 20-Jährige in der Formel 1 (F1 H2O), der Königsklasse des weltweiten Wasserrennsports, fahren. Dann würde er sich endgültig im Temporausch befinden: Denn Geschwindigkeiten bis zu 250 Kilometern pro Stunde, dazu 400 PS, sind zentrale Merkmale der Elite des Motorbootsports. Eine andere Welt als bisher. Schließlich sind die bisherigen Fahrzeuge nicht nur langsamer, sondern auch kleiner. Im Oktober, so allerdings das Versprechen von Teammanager Francesco Cantando, soll sich das ändern. Dann darf Maximilian Stilz zum ersten Mal in ein Formel-2-Boot steigen. Das ist zwar nicht ganz so schnell wie in der Formel 1, hat aber zumindest die gleichen Maße.