Geldbuße, Fahrverbot und eine Standpauke: Weil er absichtlich viel zu schnell durch Radaranlagen gefahren ist, ist ein junger Motorradfahrer verurteilt worden. Am schlimmsten dürfte für ihn sein, dass man ihm überhaupt auf die Schliche gekommen ist.

Region: Verena Mayer (ena)

Ludwigsburg - Schwer zu glauben, dass der Mann schmächtige junge Mann, der da in Saal D des Ludwigsburger Amtsgerichts sitzt, derselbe junge Mann ist, der im vergangenen Sommer auf seinem Motorrad den Landkreis unsicher gemacht hat. Zusammen gekauert hockt der 18-Jährige auf seinem Stuhl, das Gesicht ist blass, die Stimme schwach. Nicht zu vergleichen mit dem Eindruck, den er auf den Fotos macht, die die Radaranlagen in jenen Monaten von ihm gemacht haben – und die vor dem Richter landeten. „Sie wirken, als fühlten Sie sich sicher, sicher nicht erwischt zu werden“, sagt Ulf Hiestermann.

 

15 Fälle werden eingestellt

18 Fälle standen zur Verhandlung, in denen Marvin K. auf seiner Yamaha YZF-R 125 vorsätzlich und viel zu schnell durch Radaranlagen gebraust war– und in einigen Fällen der Kamera ein Victory-Zeichen gezeigt hatte. Besonders häufig wurde er in Ludwigsburg, Bietigheim Pleidelsheim und Kirchheim geblitzt. Die drastischste Geschwindigkeitsüberschreitung datiert vom 30. Juli. In Pleidelsheim fuhr Marvin K. mit 102 Kilometern pro Stunde durch eine Tempo-30-Zone.

Am Mittwoch ist der Schüler aus Besigheim verurteilt worden zu einem Fahrverbot von drei Monaten und einer Geldstrafe von 1000 Euro. Ein kleiner Teil der Summe kann durch die Teilnahme an einem Verkehrsunterricht abgegolten werden. Die Strafe bezieht sich auf drei besonders markante Fahrten. Die anderen 15 Fälle wurden eingestellt, nachdem Marvin K. zugesichert hatte, die drei Taten einzuräumen. Auf die Dauer des Fahrverbots hatte dies keine Auswirkung.

Motorräder sind schwer zu ermitteln

Viel abschreckender dürfte für Marvin K. ohnehin die Tatsache sein, dass er überhaupt bestraft worden ist. Motorradfahrer sind schwer zu ermitteln, da das hinten angebrachte Kennzeichen von Blitzern nicht erfasst wird. Der Bericht des federführendenden Ermittlers von der Bußgeldstelle Ludwigsburg zeigte deutlich, wie mühsam, die Suche war, die im August des vergangenen Jahres begonnen hatte.

Den Kollegen im Landratsamt waren die regelmäßigen Aufnahmen eines selbstherrlichen Rasers aufgefallen. Sie fragten in Ludwigsburg nach ähnlichen Auffälligkeiten, wo Alexander Möbius zu recherchieren begann. Er prüfte alle Anlagen in der Stadt und regte dasselbe in Bietigheim an. Tatsächlich tauchte immer wieder diese Yamaha mit der spitz zulaufenden Front auf. Darauf saß dieser Fahrer, dessen Gesicht verdeckt war, und auf dessen Helm ein X prangte. Die Akte wurde deshalb unter dem Titel „Mister X“ geführt, sagte der Zeuge Möbius, der selbst Motorradfahrer ist.

Der Profi sieht viel

Als solcher erkannte er, dass es sich bei dem Motorrad um ein Leichtkraftrad handeln muss, da nur eine Bremsscheibe zu erkennen war. Außerdem konnte er anhand eines veränderten Lufteinlassschlitzes das Baujahr der Maschine eingrenzen – und nach einer Halterabfrage beim Landratsamt auch die Zahl der potenziellen Täter. Im Herbst kam es schließlich zu einer Durchsuchung im Hause K. – an deren Ende klar war: Der Raser ist gefasst.

Insgesamt haben Möbius und seine Kollegen, von denen viele die Verhandlung verfolgten, fast 50 Fälle ermittelt. Doch die meisten lagen mindestens drei Monate zurück und waren so bereits verjährt. „Mir ist unverständlich, dass man sich so verhält“, sagte der Richter Ulf Hiestermann nach der Urteilsverkündigung. Dass man sich um des eigenen Spaßes willen dermaßen über Regeln hinwegsetze und noch dazu andere in Gefahr bringe. „Es ist entscheidend, dass Sie erkannt haben, dass Sie damit nicht durchkommen“, redete der Richter dem Schüler ins Gewissen.

Taschengeld gestrichen

Diese Erfahrung hat wenige Wochen nach Marvin K. auch ein 17-jähriger Ludwigsburger gemacht. Er war von Oktober bis Dezember ebenfalls absichtlich 32 Mal durch Blitzer in Ludwigsburg gerast. Dieser Prozess ist noch nicht terminiert.

Marvin K., der seit seiner Enttarnung kein Taschengeld mehr bekommt, äußerte sich nicht. Seinen Anwalt ließ er erklären, dass er „alles bereue“, dass sein Verhalten „eine große Dummheit“ war und dass er Konsequenzen gezogen habe. Seither hat er keinen Strafzettel mehr bekommen.