Seite Drei: Dieter Fuchs (fu)

Hinzu kommt, dass viele Motorradhersteller in der letzten Dekade alle digitalen Möglichkeiten genutzt haben, den Sound ihrer Produkte aufzumotzen. Eine Zulassung in der EU erforderte bis 2016 einen Prüfzyklus, der nur ein Szenario nachstellt: Das Motorrad rollt mit 50 Kilometern pro Stunde im zweiten Gang an, wird dann 20 Meter mit Vollgas beschleunigt. Dabei darf es nicht lauter werden als 78 Dezibel. Moderne Motorräder erkennen den Prüfzyklus und dämpfen dabei mit einer Klappe die Lautstärke. Außerhalb dieser gesetzten Fahrsituation darf das Motorrad so laut sein, wie es will. Manche kommen auf über 100 Dezibel, die Lautstärke eines Pressluftbohrers.

 

Die Polizei darf nur den von der EU vorgegebenen Prüfzyklus nachkontrollieren, um einem Motorrad ohne erkennbare Manipulationen ein Lärmproblem nachzuweisen. Einfach am Straßenrand das vorbeifahrende Motorrad zu messen ist als Beweismittel nicht zulässig. Wie viele Motorräder tatsächlich über dem Zykluswert von 78 Dezibel liegen, ist umstritten.

Ausgeschraubte Schalldämpfer, Klappe am Auspuff

Zahlen der Polizei legen nahe, dass etwa vier Prozent der Fahrer ihr Bike gesetzwidrig manipuliert haben. Hinzu kommen die zugelassenen Motorräder mit serienmäßigen Klappen im Auspuff, die im Normalbetrieb aufdrehen. Der Arbeitskreis Motorradlärm beim Bund für Umwelt und Naturschutz spricht insgesamt von 30 bis 50 Prozent Krachmachern, die die Anwohner in den Wahnsinn treiben. Der Industrieverband Motorrad räumt ein, mancher Hersteller habe es bei manchen Modellen übertrieben, aber das Problem sei erkannt. Schon seit 2016 habe die EU das Zulassungsverfahren geändert. 2020 folge die nächste Stufe, die wohl neue Motorräder noch leiser werden lasse.