Die Anwohner in Stuttgart-Büsnau kämpfen seit Jahren gegen den Motorradlärm. Im April sind zwei elektronische Anzeigetafeln an der Magstadter Straße in Betrieb genommen worden. Ist es seither leiser?

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Büsnau - Dass sie rücksichtsvoller fahren, das wünschen sich die Anwohner von den Verkehrsteilnehmern auf der Magstadter Straße. Insbesondere Motorradfahrer fahren gerne lautstark durch die S-Kurve, die Teil der ehemaligen Solitude-Rennstrecke ist. Der Lärm schallt hinauf bis ins Wohngebiet in Stuttgart-Büsnau. Seit Jahren versuchen die Bürger deshalb, bei der Stadt eine Verbesserung der Situation zu erreichen. Seit Anfang April stehen nun zwei sogenannte Lärmdisplays an der Magstadter Straße. Sie fordern die Fahrer dazu auf, leiser zu fahren. Aber bringen die Anzeigetafeln etwas? Schließlich haben sie keine direkten Konsequenzen für die Fahrer, wie sie beispielsweise ein Blitzer hätte.

 

Dennoch: Viele Verkehrsteilnehmer fahren nun „merklich rücksichtsvoller“, berichten die Anwohner. „Ich denke, dass man durchaus sagen kann, dass es leiser geworden ist und die Displays einen Effekt haben“, sagt Thomas Bossmann. Allerdings gebe es auch solche, die zwar vor dem Display abbremsen, danach aber wieder Vollgas geben würden, berichten die Anwohner. „Und natürlich gibt es noch die rücksichtslosen Raser, die ihre Auspuffe so laut wie irgend möglich aufheulen lassen und die kilometerweit hörbar sind“, sagt Bossmann.

Lärmdisplays erfassen Daten der Fahrzeuge

Auch wenn die Lärmdisplays offenbar eine positive Wirkung haben, die Büsnauer wünschen sich nach wie vor, dass die Polizei öfters kontrolliert. Denn deren Präsenz, vor allem an den Wochenenden und nach Feierabend, wenn bei schönem Wetter besonders viele Motorradfahrer unterwegs sind, zeige Wirkung. Dann halten sich die meisten an die Verkehrsregeln, haben die Anwohner beobachtet.

Sie hoffen nun, dass die Anzeigetafeln dauerhaft an der Magstadter Straße stehen bleiben und nicht in der nächsten Saison wieder abgebaut werden. Denn die Displays können Daten wie die Geschwindigkeit und die Lautstärke der gemessenen Fahrzeuge erfassen. Diese Infos, so hoffen die Anwohner, könnten Grundlage für weitere Lärmschutzmaßnahmen sein. Denn eigentlich wird als Grundlage für den Lärmschutz mittels Verkehrszählungen ein Durchschnittswert errechnet. Dieser Pegel habe aber mit der Lärmbelastung in den Stoßzeiten nichts zu tun, kritisieren die Anwohner.

Kritik am Bundesverkehrsminister

Eine Initiative des Bundesrats befasst sich aktuell mit der Reduzierung von Motorradlärm. Diese prüft unter anderem, ob auf besonders belasteten Strecken Fahrverbote für Motorräder an Sonn- und Feiertagen umgesetzt werden können. Gegen die möglichen Fahrverbote waren vor einigen Tagen zahlreiche Motorradfahrer zu Demonstrationen aufgebrochen. In Stuttgart waren es etwa 10 000 Teilnehmer. Das sorgte für ein Verkehrschaos auf den Straßen der Landeshauptstadt. Die Bewegung „Biker for Freedom“ überreichte Verkehrsminister Winfried Hermann eine Petition mit knapp 191 000 Unterschriften gegen die drohenden Fahrverbote.

Der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer lehnt die Fahrverbote ab. „Wir haben ausreichende, geltende Regeln“, sagte Scheuer Anfang Juli. Die Büsnauer sind von der Haltung des Verkehrsministers enttäuscht. Er verschließe sich der Problematik und dem Thema Lärmschutz. „Die persönliche Freiheit, die einige Poser mit dem Produzieren von Verkehrslärm verbinden, scheint ihm schützenswerter als die Belastung der darunter leidenden Anwohner“, so Bossmann.

Initiative gegen den Motorradlärm

In Baden-Württemberg sind vor allem kurvenreiche Strecken im Schwarzwald, auf der Schwäbischen Alb oder in den Löwensteiner Bergen beliebt bei Motorradfahrern. Mehr als 100 Städte, Gemeinden und Landkreise haben sich in einer Initiative zusammengeschlossen, die die Reduzierung von Geräuschemissionen fordert. Unter anderem sollen für Motorräder strengere Zulassungsrichtlinien gelten und illegale Veränderungen von Motoren und Auspuffsystemen schärfer bestraft werden. Die Büsnauer befürworten die Initiativen, aber man wolle nicht den Motorradfahrern das Motorradfahren verbieten, so Bossmann.

Ein verschärftes Augenmerk auf die Lärmwerte der Fahrzeuge unterstützen die Anwohner, denn die illegalen Umbauten und Installationen seien „ein Albtraum“ für Anlieger, sagt Thomas Bossmann. Er und seine Nachbarn hoffen auf eine grundsätzliche, politische Lösung.