Kevin Rohrscheidt ist im Alter von 26 Jahren erstmals ein Rennen gefahren. Inzwischen ist der Mitarbeiter der Leonberger Firma Techart in der GT4-Serie unterwegs.

Leonberg - Der Motorsport-Virus hat Kevin Rohrscheidt schon in jungen Jahren gepackt. Das lag an seinem Vater, der in Hockenheim geboren wurde und den Sohn früh zu verschiedenen Rennen mitnahm. Der gebürtige Öschelbronner schaffte es als Fußballer beim VfL Herrenberg bis in die Bezirksliga, doch seine Leidenschaft galt schon immer dem Motorsport – im realen Leben und auch virtuell. „Auf der Playstation bin ich alle möglichen Rennen gefahren“, erinnert sich der 30-Jährige noch gut.

 

Und die Spielkonsole sollte zu seiner Eintrittskarte in die reale Rennsportszene werden: Im Jahr 2010 wurde er auf die GT-Academy von Sony und Nissan aufmerksam, bei der Talente gesucht werden, die sowohl auf der Playstation als auch im echten Rennauto schnell unterwegs sind. Drei Jahre später entschloss sich Kevin Rohrscheidt, an diesem Event teilzunehmen – und das sollte sich lohnen. Unter mehr als 100 000 Teilnehmern schaffte er es bis ins Finale der besten Zwölf, die ihr Können in einem Race Camp in Silverstone unter Beweis stellen durften.

Für den Vertrag im Motorsport-Team reicht es nicht ganz

„Es gab sicher bessere Konsolenspieler und bessere echte Rennfahrer als mich, aber mein Fitness- und Konsolentraining hat sich in der Kombination ausgezahlt“, freut er sich. Zum Sieg, der mit einem einjährigen Vertrag im Nissan-Motorsport-Team verbunden war, reichte es zwar nicht. Doch am Ende wurde Kevin Rohrscheidt „beim Germanys next Topmodel für Rennfahrer“ Siebter im Duell über fünf Runden, bei dem die Teilnehmer joggen und ihr Können im Buggy, Hovercraft, auf dem Fahrrad und im Rennauto unter Beweis stellen mussten.

Wirklich freuen konnte sich der Öschelbronner, der bei der Leonberger Porsche-Tuning-Firma Techart für Presse und Marketing zuständig ist, trotz des guten Ergebnisses nicht. Im Gegenteil. „Ich war richtig enttäuscht, weil mir die finanziellen Mittel für den Einstieg in den Rennsport gefehlt haben und ich die GT-Academy als meine einzige Chance gesehen habe“, weiß der 30-Jährige noch gut. Aufbauhilfe leistete auch in diesem Fall sein Vater, der ihm empfahl, für seinen Traum vom Motorsport verstärkt auf die sozialen Medien zu setzen. „Ich habe dann den Blog ,Keep on racing‘ kreiert, um Partner zu finden und Reichweite zu generieren“, sagt Kevin Rohrscheidt.

Fitness-Tipps im Blog

Einerseits gab er über den Blog Fitness-Tipps an andere Rennfahrer-Talente, unter anderem an den Sieger der GT-Academy 2014. Andererseits gewann er auf diesem Weg immer mehr Sponsoren, die ihm 2018 den Einstieg in den Motorsport beim DMV BMW 318 TI Cup ermöglichten. In seiner Premieren-Saison landete Kevin Rohrscheidt nach sieben Rennen auf Anhieb auf Rang drei unter 25 Teilnehmern.

Im Jahr darauf startete er in der Langstreckenserie DMV NES 500 und wurde zusammen mit seinem Partner Jannik Hizler Meister in einem 2er-BMW. Ein wichtiger Baustein, so Rohrscheidt: „Wir haben viel von unserer intensiven Daten- und Video-Analyse profitiert.“ Das überzeugte auch Veit Valentin-Vincentz, der ihm für die folgende Saison ein Cockpit in einem Porsche Cayman gab. Coronabedingt fanden 2020 zwar nur drei Rennen in der DMV NES 500-Serie statt, dennoch erfüllte sich für den 30-Jährigen mit den Fahrten in dem 420 PS-Gefährt und Rang zwei im Gesamtklassement ein weiterer Traum.

Schwerer Unfall auf dem Lausitz-Ring

Der nächste Schritt war der Einstieg in die GT4-Klasse im vergangenen Jahr, die auf vier Rennen angelegt war. Für Kevin Rohrscheidt blieb es jedoch bei drei: Nachdem er beim ersten Rennen die Ränge drei und vier belegt hatte und beim zweiten seine erste Pole Position und seinen ersten Sieg feiern konnte, erlebte er auf dem Lausitz-Ring seinen ersten schweren Unfall bei Tempo 230. Der Motorsportler kam mit dem Schrecken und ein paar Blessuren davon.

In diesem Jahr nun nimmt er einen neuen Anlauf, unterstützt von inzwischen acht Sponsorenpartnern, die das Budget von rund 75 000 Euro zu stemmen helfen. „Ich biete den Firmen im Gegenzug an, Kunden und Mitarbeiter zu den Rennwochenenden mitzunehmen und Einblicke in die Rennstrecke zu gewinnen oder eine Runde im Renn-Taxi zu drehen“, beschreibt Kevin Rohrscheidt die Win-win-Situation.

Darüber hinaus verfolgt der Spätberufene, der in seinem Blog auch Klimaschutz-Projekte und neue Antriebstechnologien bewirbt, noch einen längerfristigen Traum: Er will einmal bei den 24 Stunden von Le Mans an den Start gehen – am liebsten in einem Rennwagen mit Wasserstoff-Technologie.