Die geplante Reform der Forstverwaltung wäre doch ideal, um die ungeliebte Beschränkung für Radfahrer im Wald zu kippen, meint die Radlerszene – doch sie hofft wohl vergebens.

Stuttgart - Auf dem Beteiligungsportal der Landesregierung, einem Online-Forum zur Kommentierung von Gesetzesvorhaben, herrscht normalerweise nicht viel Verkehr. Eine Handvoll Beiträge zur x-ten Änderung von Gesetz Y – das ist die Regel. Bei exotischeren Themen, so zuletzt beim Landesrichter- und Staatsanwaltsgesetz, bilanziert der Webmaster auch mal: „Es sind keine Kommentare eingegangen.“

 

Ein vergleichbares Ergebnis wäre auch für das jetzt anstehende Forstreformgesetz plausibel. Die Landesregierung hat es im Sommer beschlossen, und die Folgen für die 260 000 Waldbesitzer sind durchaus gravierend. Doch der normale Bürger ist von der Holzvermarktung, die das Land infolge eines komplexen Kartellverfahrens neu ordnen muss, nicht tangiert.

Umso mehr überrascht die Flut von Kommentaren, die das Beteiligungsportal zu diesem Vorhaben derzeit verzeichnet. Mehr als 500 sind bis zur Frist an diesem Freitag eingegangen – und die allermeisten Absender haben mit Holzvermarktung nichts am Hut. Die Szene der Mountainbiker nutzt vielmehr den Umstand, dass das Land punktuell auch das Waldgesetz ändern muss, zu einem erneuten Angriff auf Paragraf 37 Absatz 3. „Nicht gestattet sind das Reiten auf gekennzeichneten Wanderwegen unter 3 m Breite und auf Fußwegen, das Radfahren auf Wegen unter 2 m Breite sowie das Reiten und Radfahren auf Sport- und Lehrpfaden“, heißt es dort seit 1995 – und dies ist der Radlerszene ein Dorn im Auge.

Die Politik sendet negative Signale

„Wir wollen erreichen, dass die Zwei-Meter-Regel endlich abgeschafft wird, und haben deshalb alle Bürger dazu aufgerufen, dies im Beteiligungsportal zu fordern“, sagt Heiko Mittelstädt von der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB), in der 60 000 Radsportler organisiert sind. Also tauchen im Portal all jene Argumente wieder auf, mit denen die Radlerszene schon seit Jahren gegen den Paragrafen zu Felde zieht: dass Konflikte nur Einzelfälle seien; dass die Vorschrift ohnehin nicht beachtet werde; dass man die Mountainbiker in die Illegalität treibe; dass die Aufforderung zur Rücksichtnahme ausreiche; dass Baden-Württemberg einen Sonderweg beschreite.

Schon mehrfach haben die Mountainbiker versucht, damit bei der Landesregierung durchzudringen, zuletzt vor vier Jahren mit einer Petition. Doch der Erfolg blieb aus. Mehr als Runde Tische, an denen Radler, Wanderer und Waldbesitzer nach lokalen Kompromissen suchen, konnte die DIMB bisher nicht erreichen. Und auch diesmal hat die Lobby schlechte Karten, denn weder Grüne noch Schwarze zeigen Neigung, die Vorschrift zu ändern. „Wir haben mit den Waldbesitzern vereinbart, dass die Reform nur jene Punkte betreffen soll, die in Zusammenhang mit der Neuorganisation des Forstes stehen“, sagt die Sprecherin von Agrarminister Peter Hauk, Isabel Kling. Eine inhaltliche Debatte über die Zwei-Meter-Regel stehe jetzt gar nicht auf der Tagesordnung. Auch der Grünen-Forstexperte Reinhold Pix argumentiert so und verweist auf 85 000 Kilometer Radwege, die im Wald zur Verfügung stünden.

Auch die Waldeigentümer stellen sich weiter quer

Die Mountainbiker halten dies jedoch für vorgeschoben und argumentieren, das Reformpaket enthalte sehr wohl erheblich mehr als Vorschriften zur reinen Forstorganisation. So solle in Paragraf 38 das Sperren von Waldwegen vereinfacht werden, sagt DIMB-Projektleiter Mittelstädt, und Paragraf 14 regele die naturnahe Waldbewirtschaftung. Es gebe also doch inhaltliche Änderungen – da könne man auch die Zwei-Meter-Regel aufs Tapet bringen.

Die Waldeigentümer hingegen achten sorgsam darauf, dass genau dies nicht geschieht. „Die Zusage der Landesregierung, dass über den Reformbedarf hinaus das Landeswaldgesetz unberührt bleibt, muss eingehalten werden!“, fordert die Forstkammer Baden-Württemberg. Die Vertretung von privaten und kommunalen Waldbesitzern hat ihre Mitglieder aufgefordert, das Beteiligungsportal der Landesregierung zu nutzen und bis zu diesem Freitag darauf zu dringen, dass im Waldgesetz möglichst wenig geändert wird. Die Mountainbike-Szene muss also wahrscheinlich auf eine weitere Chance warten.