Bund und Länder einigen sich beim Thema Müllentsorgung. Das Bundeskartellamt übt Kritik, die Privatbranche droht mit Klage.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Nach monatelangem Streit haben sich Bund und Länder im Vermittlungsausschuss auf ein neues Kreislaufwirtschaftsgesetz verständigt. Damit wird die Voraussetzung geschaffen, den vor zwanzig Jahren eingeführten „gelbe Sack“, in dem die Haushalte ihren Verpackungsmüll entsorgen, später durch die sogenannte Wertstofftonne zu ersetzen.

 

Dort sollen neben weggeworfenen Verpackungen auch anderer Abfall aus Kunststoff, Metall oder alte Elektrogeräte bis zur Abholung durch die Entsorger deponiert werden. Allerdings muss das noch in einem eigenen Gesetz geregelt werden. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz schafft aber die Pflicht, Bioabfälle, Papier-, Metall-, Kunststoff- und Glasabfälle spätestens von 2015 an getrennt zu sammeln.

Das neue, im Vermittlungsverfahren ausgehandelte Gesetz stärkt die Position der Gemeinden gegenüber Entsorgungsunternehmen der freien Wirtschaft. So sollen Privatfirmen etwa beim Papiersammeln nur noch dann zum Zug kommen dürfen, wenn deren Sammel- und Verwertungsleistung „wesentlich leistungsfähiger“ ist als das Angebot der kommunalen Konkurrenz; im ursprünglichen Gesetzentwurf des Bundestags genügte bereits die „Gleichwertigkeit“ der Sammelleistung. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) sprach am Donnerstag von einem großen Erfolg. Auch der Bundesrat und die kommunalen Spitzenverbände zeigten sich zufrieden mit dem Kompromiss. Damit werde die von den Ländern zuvor befürchtete „Rosinenpickerei“ durch gewerbliche Abfallsammlungen vermieden. „Die Kommunen können somit weiterhin anfallende Wertstoffe verwerten und dem Stoffkreislauf wieder zuführen“, erklärten die kommunalen Spitzenverbände und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU). „So können die Gebühren für die Abfallentsorgung durch die erzielten Wertstofferlöse stabilisiert werden.“

Der Branchenverband sieht einen Verstoß gegen Europa-Recht

Die privatwirtschaftliche Konkurrenz sieht das allerdings ganz anders. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) kritisierte die Weichenstellungen des Gesetzes als falsch und befürchtet die Entstehung monopolartiger Strukturen auf Seiten der Gemeinden, steigende Müllgebühren und sogar das Sinken der Recycling-Quote. Erklärtes Ziel des Gesetzes ist das Gegenteil. „Das vorliegende Gesetz ist enttäuschend“, klagte BDE-Präsident Peter Kurth. „Es schafft nicht – wie von der Branche und den Umweltverbänden erhofft – Rahmenbedingungen, die für eine weitere Entwicklung des international hochgeachteten Recyclingstandorts Deutschland erforderlich wären.“

Der Branchenverband sieht in dem Gesetzentwurf einen Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht und die Abfallrahmenrichtlinie. Verbandschef Kurth kündigte an, dass der Verband unmittelbar nach Inkrafttreten des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Beschwerde bei der EU-Kommission einlegen werde. Er rechnet damit, dass Brüssel ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland anstrengen wird. Auch der Chef des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, hat kurz vor der Entscheidung im Vermittlungsausschuss in einem Interview vor einem „Monopolrecht der Kommunen“ bei der Müllentsorgung gewarnt. Es gehe nicht darum, die Kommunen aus dem System zu drängen, betonte Mundt. „Aber mehr Wettbewerbsdruck durch private Konkurrenz würde bald zu niedrigeren Müllgebühren und einem größeren Serviceangebot führen.“ Die Konkurrenz um den Müll ist hart. Die Entsorgungsbranche macht einen Jahresumsatz von rund 50 Milliarden Euro.