Der Kreis Göppingen verzichtet darauf, ein Veto gegen den Verkauf des Müllheizkraftwerks an einen schwedischen Finanzinvestor einzulegen. Doch umsonst tut er das nicht.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Das Göppinger Müllheizkraftwerk geht an einen schwedischen Finanzinvestor. Bei einer Sitzung des Kreistagsausschusses für Umwelt und Verkehr zeichnet sich ab, dass der Landkreis darauf verzichtet, gegen den Verkauf ein Veto einzulegen. Dies wird dem Kreis in den Verträgen eingeräumt, die im Jahr 1996 bei der Privatisierung des Werks ausgehandelt worden waren.

 

Demnach hätte der Landkreis vom Stromkonzern Eon als bisheriger Muttergesellschaft verlangen können, das Müllheizkraftwerk selbst zu übernehmen. Mit diesem Passus sollte verhindert werden, dass das Werk im schlimmsten Fall bei einer mittellosen Gesellschaft landet, die nach Ablauf der Betriebszeit nicht mehr in der Lage ist, den vereinbarten Rückbau zu finanzieren. Hierfür wird mit Kosten im zweistelligen Millionenbereich gerechnet.

Die Muttergesellschaft soll haften

Im vergangenen Jahr war bekannt geworden, dass Eon sich von seiner Abfallverwertungssparte Energy from Waste (EEW) trennt, deren 100-prozentige Tochter die Göppinger Betreibergesellschaft ist. Eine sogenannte Patronatserklärung, die der Wirtschaftsanwalt Jürgen Riegl ausgearbeitet hat, soll nun sicherstellen, dass die EEW ihre Göppinger Tochter jederzeit ausreichend mit finanziellen Mitteln versieht, damit sie ihre vertraglichen Pflichten erfüllen kann. Die neue EEW-Muttergesellschaft, die schwedische Investorengruppe EQT, sei zu dieser Zusicherung bereit, sagte der EEW-Regionalleiter Wolfgang Melon.

Für sein Unternehmen sei Baden-Württemberg ein interessanter Markt. Deshalb wolle man den Standort Göppingen gerne halten. Um dies zu sichern, sei die EEW zu weit reichenden Zugeständnissen bereit. Die meisten Kreisräte reagierten wohlwollend auf das Angebot. Vermutlich sei ein Verbleib bei der EEW besser, als von Eon in einen Fonds abgeschoben zu werden, mutmaßte Wolfgang Berge (Freie Wähler).

Garantiemenge wird gesenkt

Der wichtigste Punkt der Einigung, die der für den Abfallbereich zuständige stellvertretende Landrat Ulrich Majocco ausgehandelt hat, ist eine Reduzierung der vertraglichen Garantiemenge von jährlich 50 000 auf 40 000 Tonnen vom Jahr 2021 an. Zuletzt lieferte der Kreis zwar mehr als 55 000 Tonnen, durch die beschlossene Einführung einer Biotonne könne in den kommenden Jahren das Aufkommen aber um 10 000 Tonnen sinken, schätzt der AWB-Chef Eberhard Stähle. Auch sei eine noch bessere Trennung und Wiederverwertung der übrigen Abfälle denkbar. Die von den Grünen immer wieder vorgebrachte Vermutung, die Garantiemenge hemme die Fortschritte bei der Müllvermeidung, wies Stähle jedoch zurück.

2025 läuft die Vereinbarung zwischen Kreis und Betreiber aus. Nach den Planungen der EEW könnte das technisch einwandfreie Werk aber bis zum Jahr 2035 weiterlaufen – und der Kreis noch mehr profitieren. Das Unternehmen sei dann bereit, einen Erbbauzins zu bezahlen. Zudem soll der Kreis an den Erlösen aus der Fernwärmeproduktion für das Klinikum und das Wohngebiet Bergfeld beteiligt werden. Durch den Wegfall der Garantiemenge werde der Entsorgungspreis sinken. Insgesamt errechneten sich bis zum Jahr 2035 für den Landkreis finanzielle Verbesserungen von rund zehn Millionen Euro.

Aus Müll wird Wärme und Strom

Göppingen - Das Göppinger Müllheizkraftwerk ist im Jahr 1975 vom Kreis Göppingen erbaut worden. Als Millioneninvestitionen für den Bau eines Ersatzkessels anstanden, wurde es 1996 privatisiert und ging in Erbbaupacht an die Veba-Kraftwerke Ruhr. Seither firmierte es unter fünf verschiedenen Namen, wobei es erst jetzt zu einem tatsächlichen Besitzerwechsel kam. Auch bei EQT wird das Werk nicht ewig bleiben. Der Finanzinvestor hält Unternehmen meist für sieben Jahre.

Müll kommt aus dem Schwarzwald

Im Müllheizkraftwerk dürfen jährlich 155 000 Tonnen Restmüll verbrannt werden. 55 000 Tonnen kommen gegenwärtig aus dem Kreis Göppingen, weitere Lieferanten sind der Schwarzwald-Baar-Kreis und Gewerbebetriebe. Die entstehende Wärme beheizt das Klinikum, die Bereitschaftspolizei und 400 Wohnungen im Göppinger Bergfeld. Außerdem können 17 000 Haushalte mit Strom versorgt werden.