Obwohl nicht genug Betriebe mitmachen, führt der Abfallwirtschaftsbetrieb das Recup-System ein. Kaffee to go gibt es im Kreis bald in einer Mehrwegverpackung. Die Bäcker sind gespannt auf die Reaktion der Kunden.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Wolfgang Bagin trinkt seinen Kaffee daheim. Einen Einwegbecher hat der Leiter des Abfallwirtschaftsbetriebs (AWB) für das Heißgetränk noch nie benötigt. Wenn es nach ihm geht, werden davon künftig weniger verbraucht: Im Kreis Böblingen gibt es bald Pfandbecher für den Kaffee to go. „Das kommt“, sagt er über das System der Firma Recup, mit der der AWB in der Sache kooperiert. Zwar machen nicht so viele Bäckereien und andere Betriebe mit, wie ursprünglich gewünscht. Aber trotzdem geht das Mehrwegbehältnis als Pilotprojekt an den Start. „Wir sind auf einem gutem Weg“, sagt Bagin überzeugt. Immerhin hat er mit der Bäckerei Sehne und dem Klinikverband Südwest wichtige Partner an Bord.

 

Gesetzlich zur Müllvermeidung verpflichtet

Der kreiseigene Abfallentsorger ist gesetzlich zur Müllvermeidung verpflichtet. Die Zahl der weggeworfenen Kaffeebecher ist immens angestiegen, auf den Kreis Böblingen umgerechnet sind es rund 13 Millionen Stück im Jahr. „Uns ist das Projekt deshalb sehr wichtig“, sagt er. Ende Juli hatte es dazu einen Runden Tisch gegeben, zu dem Vertreter von sechs Bäckereien erschienen waren. „Wir unterstützen das“, hatte Eberhard Binder, der Obmann der Bäcker im Kreis Böblingen, gleich hinterher erklärt. In seinen sechs Filialen der Holzgerlinger Krone Bäckerei Binder wird es den Pfandbecher geben. Das Landratsamt meldete im August insgesamt neun Verkaufsstellen für das Projekt. Eigentlich waren 30 das Ziel.

„Es ist zeitgemäß“, sagt auch Markus Babka, der Verkaufsleiter der Bäckerei Sehne. Das Ehninger Unternehmen beteiligt sich an der Aktion aus Umweltschutzgründen und um Ressourcen zu sparen. Von den 200 Filialen hat Babka drei ausgesucht, in denen der Pfandbecher getestet werden soll: Am Böblinger Bahnhof und am Herrenberger Bahnhof sowie am Sindelfinger Marktplatz erhalten die Kunden ihren Kaffee bald auch im Mehrwegbehältnis. Dabei handele es sich um Schlüsselpositionen mit einer sehr guten Kundenfrequenz. „So erfahren wir schnell, wie der Pfandbecher angenommen wird“, sagt Markus Babka.

Einstieg in den Kreisberufsschulzentren

Ähnlich verfährt der Klinikverband Südwest: Er steigt damit zunächst in den drei Kantinen der Kreisberufsschulzentren Sindelfingen, Böblingen und Leonberg ein, die vom Tochterbetrieb Service GmbH Schwarzwald betrieben werden. In der Pilotphase wolle der Klinikverband dort Betriebserfahrung mit dem System sammeln, teilt Ingo Matheus mit, aber auch insbesondere die Jugendlichen für das Thema sensibilisieren. „Sofern die Pilotphase vielversprechend verläuft, ist angedacht, Recup sukzessive auf weitere Betriebsstätten auszuweiten“, erklärt der Kliniksprecher. Die Service GmbH Schwarzwald betreibt an allen sechs Klinikstandorten Mitarbeitercasinos, Besucher- und Patientencafés.

Die Zurückhaltung der Bäcker und anderer Gastrobetriebe lässt sich vor allem mit dem zusätzlichen Aufwand erklären. „Wir geben nicht mehr nur Becher aus, wir müssen sie jetzt auch zurücknehmen, spülen und lagern“, erläutert Markus Babka von der Bäckerei Sehne das Problem. Abgesehen von der zusätzlichen Arbeitszeit fehlt es in vielen Verkaufsstellen am nötigen Platz. Als Bio-Bäcker sei er eigentlich für ein Pfandsystem, erklärt der Herrenberger Bäcker Jochen Baier. Aber dennoch zögert er aus den gleichen Gründen, bei Recup mitzumachen. Eine weitere Hürde ist für ihn die Frage, wie der Ausschank in benutzte Becher hygienisch vonstatten gehen soll. Er hält den Pfandbecher auch für den Nutzer für unpraktisch, wenn der Kaffee leer getrunken ist und das Gefäß verstaut werden muss. Darüber hinaus hat er ein eigenes Mehrwegsystem installiert: Wer beim Bäcker Baier zwölf Kaffees zum Mitnehmen gekauft hat, erhält einen Thermobecher aus Edelstahl geschenkt.

Wie die Kundschaft reagieren wird, ist in der Bäckerei Sehne ebenfalls eine wichtige Frage. „Wir sind selbst gespannt“, sagt der Verkaufsleiter, „so sehr verbreitet ist der Pfandbecher jetzt noch nicht.“ Der Müll lasse sich allerdings auch auf eine andere Weise vermeiden, ergänzt Markus Babka. Wenn der Kunde in der Filiale oder im Café bleibt zum Kaffeetrinken, kann er es handhaben wie Wolfgang Bagin: „Dann servieren wir den Kaffee in Porzellantassen.“