Müllvermeidung in Stuttgart Bedenken wegen mitgebrachter Kaffeebechern

Mitgebrachte Becher sollten nicht hinter die Theke von Geschäften gelangen. Foto: dpa

Die Stadt hat Wegwerfbechern den Kampf angesagt. Doch mitgebrachte Trinkgefäße sind offensichtlich auch nicht die Lösung, um den Berg von Einmalbechern zu verkleinern. Das städtische Mehrwegsystem kommt nicht so recht in die Gänge.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die stolze Zahl von 80 000 Pappbechern ist nach Erkenntnissen des Rathauses nötig, um den Kaffeedurst und gleichzeitig das Mobilitätsbedürfnis der Stuttgarter zu befriedigen. So viele sogenannte Coffee-to-go-Becher werden erst geleert und dann entsorgt – täglich. Die angestrebte Abkehr vom ex und hopp ist nicht so einfach. Erste Bäcker in der Stadt nehmen bereits keine Mehrwegbecher mehr an, die sich umweltbewusste Kaffeetrinker zugelegt haben. „Das will die Stadt so“, lautet die lapidare Antwort, die der verdutzte Kaffeekunde zu hören bekommt.

 

Rathaus weist auf rechtliche Verhältnisse hin

Im Rathaus will man sich aber keinesfalls den Schwarzen Peter zuschieben lassen. Es sei „die tägliche Routinearbeit der Lebensmittelkontrolleure“ derartige Kontrollen durchzuführen, erklärt Rathaussprecherin Ann-Katrin Gehrung und bezieht sich auf Angaben des Amts für öffentliche Ordnung. Weder habe man „mitgebrachte Kaffeebecher dabei speziell kontrolliert oder gar beanstandet“, noch seien „Schreiben an die Bäckereikette oder Bäckereien oder Cafés im Allgemeinen verschickt“, worden. Allerdings weisen die Kontrolleure vor Ort durchaus auf Risiken hin, die sich aus der bisher geübten Praxis mit Mehrwegverpackungen ergeben könnten. „Generell informieren wir die Lebensmittelunternehmen darüber, dass die lebensmittelrechtliche Verantwortung auf das Unternehmen übergeht, sobald selbst mitgebrachte Gefäße über die Theke gereicht werden“, sagt Gehrung. Die Stadt sieht da wenig Spielraum. „Das bedeutet: Ab diesem Moment muss das Lebensmittelunternehmen sicherstellen, dass die Gefäße in hygienisch einwandfreiem Zustand sind und das Lebensmittelrecht eingehalten wird.“ Das dürfte im Einzelfall nicht ganz einfach sein, wenn etwa an der Metzgereitheke der Kunde wert darauf legt, Fleisch und Wurst in der mitgebrachten Plastikbox zu transportieren statt in der x-ten Tüte. Gleiches gilt für den, der seine Koffeinzufuhr ohne Wegwerfartikel organisieren will.

Bäckerhandwerk hat Gesprächsbedarf

Das Bäckergewerbe hat jedenfalls Gesprächsbedarf. „Die Kaffeebecher sind bei uns immer ein Thema“, sagt Frank Sautter, Geschäftsführer des Landesinnungsverbands für das Württembergische Bäckerhandwerk. Am 27. März soll die Frage, wie nachhaltige Verpackungen aussehen könnten, bei einer Sitzung der Innung besprochen werden.

Der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft, der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), hat bereits vergangenes Jahr ein Merkblatt herausgegeben, das auf Fallstricke im Umgang mit mitgebrachten Kaffeebechern hinweist. Der Lebensmittelunternehmer habe „vollumfänglich die Verantwortung für hygienisch einwandfreie betriebliche Prozesse“, schreibt der BLL. Er müsse dafür sorgen, „dass beim Herstellen beziehungsweise beim Brüh- und Befüllvorgang das Risiko der Kontamination des Umfelds oder anderer Lebensmittel durch den kundeneigenen Becher beherrscht und minimiert wird“, heißt es. Becher der Kunden dürften daher nicht „in betriebliche Bereiche gelangen, in denen offen mit leicht verderblichen Lebensmitteln umgegangen wird.“

In der Konsequenz müssten die Abläufe geändert werden. „Die Handhabung kundeneigener Becher durch das Bedienpersonal ,hinter der Theke’ ist grundsätzlich zu vermeiden.“ Stattdessen plädiert der Spitzenverband für die „Nutzung von Umfüllgefäßen oder Becherhaltern beziehungsweise Tabletts für die Kundenbecher, so dass diese den Theken-/Tresenbereich nicht überschreiten“.

Städtisches Mehrwegsystem braucht noch Zeit

Die Stadt will mit gutem Beispiel vorangehen und tüftelt an einem Mehrwegsystem für Kaffeebecher. Seit Sommer vergangenen Jahres ist das Rathaus auf der Suche nach einem Betreiber, der „das komplette Kreislaufsystem unterhalten“ könne. Um Unternehmen den Auftrag schmackhaft zu machen, will die Stadt potenziellen Betreibern in den ersten zwei Jahren „jährlich mit einer Anschubfinanzierung von bis zu 270 000 Euro“ unter die Arme greifen. Trotzdem zieht sich die Suche hin. Man sei „zurzeit im laufenden Verfahren“, erklärt Rathaus-Sprecherin Ann-Katrin Gehrung. Ziel sei es, mit dem System im Herbst zu starten. „Einen konkreten Starttermin können wir jetzt aber noch nicht nennen.“

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