Die Landtagspräsidentin Muhterem Aras gab Schülern der Uhlandschule in Rot Einblicke in ihre Arbeit und warb dafür, dass die jungen Leute von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Denn nicht jeder macht davon Gebrauch, einige wählen gar lieber in der Türkei.

Rot - Wenn Muhterem Aras (Grüne) für das Recht zu wählen wirbt, vergisst sie nicht, auch die dazugehörige Bürgerpflicht zu betonen. Die baden-württembergische Landtagspräsidentin brennt für die parlamentarische Demokratie. Das dürfte bei allen Mädchen und Buben der Uhlandschule in Rot, die sie am vergangenen Donnerstag besucht hat, angekommen sein. Dass nicht jede und jeder das so sieht, bekam sie am Ende der zweistündigen Diskussion zu hören. Doch daraus, so sagt die Politikerin, zieht sie ihre Motivation, junge Menschen schon früh zu erreichen.

 

„Ich kenne mich in der türkischen Politik besser aus und wähle daher auch nur in der Türkei“, sagte eine Schülerin. Ob sie denn dort geboren sei, fragte Aras die junterem Aras ge Frau. Die verneinte, betonte jedoch, sie wolle später einmal in der Türkei leben. Ähnlich argumentierten zwei weitere Schüler, die ebenfalls die doppelte Staatsbürgerschaft besitzen und daher sowohl in der Türkei als auch in Deutschland von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen dürfen. „Ich wünsche mir die Offenheit bei euch, die ihr hier in Deutschland genießt. In der Türkei hättet ihr diese Freiheiten nicht, schon gar nicht als Frau“, entgegnete Aras, die kritische Aussagen nicht scheute. Die 53-jährige Politikerin wanderte im Alter von zwölf Jahren als Tochter eines anatolischen Gastarbeiters mit ihrer Familie ein. „Deutschland ist meine Heimat“, sagte Aras, die vor den Neunt- und Zehntklässlern auch Persönliches Preis gab. Sie habe kein Deutsch gesprochen, kam auf die Hauptschule und wäre es nach Prognosen gegangen, die man Kindern wie ihr meist attestiert, wäre sie nicht da, wo sie heute ist. Nach dem Abitur wurde sie Steuerberaterin, eröffnete eine eigene Kanzlei und trat 1992 in die Partei der Grünen ein.

Chancen nutzen und sich nicht als Opfer sehen

Ob sich in ihrem Umfeld Menschen darüber lustig gemacht hätten, als sie in die Politik ging, wollte eine Schülerin wissen. „Überhaupt nicht. Im Gegenteil. Meine Mutter war Analphabetin und sehr stolz auf mich“, erwiderte Aras. Sie und ihre Geschwister seien immer ermutigt worden, ihre Chancen zu nutzen. Als kurdische Aleviten in der Türkei seien sie eine Minderheit, die viel Diskriminierung erfahren haben. Als Opfer dürfe man sich dennoch nicht sehen, gab sie den Schülern mit auf den Weg. Für Aras waren Gleichberechtigung und Fremdenhass Anfang der 1990er Jahre die Motivation, in die Politik zu gehen.

Gerne wird Muhterem Aras in der Öffentlichkeit als Beispiel gelungener Integration präsentiert. Ihr Besuch hatte jedoch einen anderen Hintergrund, auch wenn ihre Karriere den vielen Schülern mit Migrationshintergrund imponieren dürfte. „Das ist ein Angebot des Landes an Schulen“, sagte Klassenlehrerin Claudia Mayle. Aras war vor allem daran gelegen, den jungen Zuhörern die politische Arbeit auf Landesebene zu erklären und ihr Interesse für Politik zu wecken. „Für Schüler sind Politiker so abgehoben, so weit weg“, sagte Mayle. Durch solche Besuche würden sie menschlicher und nahbarer. Mayle war sehr zufrieden mit der Veranstaltung und hofft, dass der ein oder andere beim nächsten Mal wählen gehe oder sich engagiere.