Die zehnjährige Anastasija Harms spielt im Musical „Anastasia“ mit. Zugleich ist sie aber auch Sportgymnastin und hat auch schon im Kinderchor des Schauspielhauses Stuttgart bei Theaterstücken und Opern mitgewirkt.

Bad Cannstatt - Interessiert blickt die zehnjährige Anastasija Harms ihr Gegenüber mit ihren braunen Augen an. Von Schüchternheit keine Spur. Das ist nicht verwunderlich, spielt die Zehnjährige aus Bad Cannstatt doch regelmäßig im MusicalAnastasia“ mit – und das in drei in Rollen. Sie verkörpert die junge Anastasia Romanow, ihren Bruder Alexei und einen Jungen am Bahnhof. „Ich singe, tanze und schauspielere“, sagt sie stolz.

 

Das Musical, das noch bis Herbst im Palladium-Theater im SI-Centrum aufgeführt wird, handelt von Anastasia Romanow, der letzten Zarentochter. Die Geschichte dahinter: Russland befindet sich in den 1920er-Jahren in großer Aufruhr und das Volk begehrt gegen seine Herrscher auf. Der Legende nach soll Anastasia als einziges Mitglied ihrer Familie schwer verletzt überlebt haben. Allerdings hat sie ihr Gedächtnis verloren und lebt in einem Kinderheim, in dem sie das Leid der Bevölkerung zu spüren bekommt. Durch einen Wink des Schicksals erfährt sie Jahre später, dass sie noch eine Verwandte hat, zu der sie sich auf den Weg macht. Entschlossen und mutig, aber ohne Erinnerungen und ohne Identität.

Lampenfieber hat sie nicht

Lampenfieber angesichts der großen Bühne und der zahlreichen Zuschauer – immerhin bietet das Palladium-Theater Platz für bis zu 1800 Personen – hat Anastasija allerdings nicht, wie sie sagt. Denn Auftritte vor Publikum ist die Schülerin gewohnt. Für sie gehören Singen, Schauspiel und Tanzen seit Jahren zum Alltag. Anastasija hat zum Beispiel im Kinderchor des Schauspielhauses Stuttgart bei Theaterstücken oder Opern mitgewirkt. Die Bühne ist ihr also vertraut. Seit sie vier Jahre alt ist, macht Anastasija außerdem Rhythmische Sportgymnastik. Zur Zeit trainiert sie sechs Mal in der Woche am Leistungsstützpunkt des TSV Schmiden und nimmt dabei regelmäßig an internationalen Wettkämpfen teil.

Doch wie wird man als Schülerin einer fünften Klasse am Johannes-Kepler-Gymnasium Darstellerin in einem bekannten Musical? „Eine Ballettlehrerin am Schauspielhaus hat mir von dem Casting erzählt“, sagt Anastasija – und prompt hat sie sich beworben. Genau wie 150 andere Mädchen. Nach zwei Casting-Runden stand fest: Anastasija ist eine von zwölf Mädchen, die sich durchgesetzt haben.

Als die Entscheidung gefallen ist, war die Zehnjährige gerade im Schullandheim, daher rief ihre Mutter sie an, um ihr die Nachricht zu überbringen. „Mama hat mich zuerst veräppelt und gesagt, dass es leider nicht geklappt hat.“ Doch schnell kam die Wahrheit ans Licht und die Freude war groß.

Berufswunsch: schauspielernde Ärztin

Nach einigen Unterrichtsstunden in Schauspiel, Tanz und Gesang ging es für die Schülerin auf die Bühne des Palladium-Theaters. Seither spielt sie an drei bis vier Abenden im Monat im Musical mit und genießt diese Auftritte sehr. Um sich in die junge Zarentochter zu verwandeln, geht es für die Zehnjährige vor jedem Auftritt in die Maske. Hier werden die Frisur gemacht und das Make-up aufgetragen. Anschließend schlüpft sie – abhängig davon welche Rolle sie spielt – in ein weißes Kleid (Anastasia), eine Uniform (Alexei) oder einen schlichten Mantel (reisender Junge).

Ob sie sich eine Zukunft am Musical nach Ende der Spielzeit vorstellen kann, weiß sie noch nicht. Dennoch wünscht Anastasija sich, dass Schauspielerei immer Teil ihres Lebens bleiben wird. Auf die Frage nach ihrem Berufswunsch antwortet sie mit einem breiten Grinsen: „Ärztin und nebenbei Schauspielerin“. Dass es schwer werden kann, beides gleichzeitig zu vereinbaren, sei ihr bewusst. Ein großes Vorbild hat sie bereits: Ihr Lieblingsschauspieler ist Johnny Depp, bekannt aus „Fluch der Karibik“, „Alice im Wunderland“ oder „Charlie und die Schokoladenfabrik“. Erst einmal konzentriert sich Anastasija neben der Schule weiter auf Rhythmische Sportgymnastik. Ausgeschlossen ist es aber nicht, dass sie in den nächsten Jahren noch einmal Lust bekommt, Musical-Luft zu schnuppern, sagt sie.