In einer Gruft bei Neustadt (Dosse) in Brandenburg liegt der geheimnisvolle Ritter Kalebuz. Wissenschaftler haben die Mumie nun per Computertomografie untersucht. Dabei kam auch Sonderbares zum Vorschein.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Viele Mythen und Legenden ranken sich um die 322 Jahre alte Mumie von Ritter Kalebuz im Dorf Kampehl im Kreis Ostprignitz-Ruppin. Ein Team von Ärzten und Forschern hat den Leichnam untersucht und auch eine skurrile Entdeckung gemacht.

 

Im Universitätsklinikum in Neuruppin wurde die rätselhafte Mumie per Computertomografie (CT) durchleuchtet, wie die Medizinische Hochschule Brandenburg mitteilte. Alle Rätsel sind aber längst nicht gelöst. So bleibt die genaue Todesursache offen.

Die Mumie wird im Uniklinikum Neuruppin untersucht. Foto: MHB/Markus Kluge

Mumie erstmals umfassend wissenschaftlich untersucht

„Seit mehr als hundert Jahren ist der Ritter Kalebuz auch eine touristische Attraktion. Der uralte Körper wurde aber noch nie umfassend wissenschaftlich untersucht“, sagt Andreas Winkelmann, Professor für Anatomie an der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB). Er habe dies nun gemeinsam mit einem Team von Experten nachgeholt. Mumienforscher und Archäologen waren beteiligt.

Winkelmann stellte die Ergebnisseder Untersuchung am Freitagabend (12. Juli) in der Kirche in Kampehl bei Neustadt (Dosse) neben der Gruft des Ritters vor. Dort liegt der einstige märkische Edelmann Christian Friedrich von Kalebuz (1651-1702). Er war Offizier der Kavallerie und Erbherr von Kampehl.

Bleistift in Brusthöhle der Mumie gefunden

Die erstaunlichste Entdeckung bei der CT-Untersuchung der Mumie war laut Hochschule ein Bleistift in der Brusthöhle. Es handele sich um einen gebrauchten Bleistift, vermutlich aus den Jahren zwischen 1900 und 1920, erläutert Winkelmann.

Die Mumie weise eine größere Öffnung im Brustkorb auf , vermutlich aufgrund einer Gewebeentnahme im Jahr 1895 durch den Berliner Mediziner Rudolf Virchow. Durch diesen Defekt sei der Bleistift in den Körper gelangt. „Dies reiht sich in bekannte Geschichten über den einen oder anderen Schabernack ein, der mit der Mumie in früheren Jahrhunderten getrieben wurde.“

Der Anatom Andreas Winkelmann bei der Begutachtung des Ritters Kalebuz. Auf dem Bild auch zu erkennen: Das Loch im Brustkorb der Mumie. Foto: MHB/Markus Klugedpa

Metallgegenstand im Mund

Außerdem fanden die Experten in der Mundhöhle der Mumie einen rundlichen Metallgegenstand, der dem Leichnam mitgegeben worden sei. Dabei könnte es sich am ehesten um eine Münze oder ein Amulett handeln.

„Da der Mund der Mumie zu eng geschlossen ist, kann man diesen Gegenstand nur durch einen Schnitt ins Gewebe bergen. Ob man das dem Ritter antut oder ihm dieses Geheimnis lässt, wird der zuständige Gemeindekirchenrat noch entscheiden“, betont der Anatomieprofessor.

Der Eingang zur Gruft des Ritters Kalebuz im brandenburgischen Kampehl (Archivbild). Foto: dpa/Jens Kalaene

Mythos um den Ritter und ein Fall für die Justiz

Ritter Kahlbutz starb 1702 im Alter von 51 Jahren und wurde in einem Doppelsarg in der Patronatsgruft beigesetzt. Als die Kirche in Kampehl Ende 1794 restauriert wurde, öffneten die Handwerker die Gruft. Zwei Leichen seien vollständig verwest gewesen, die vom nackten Ritter Kalebuz aber nicht, wie es der Kirchenkreis schilderte.

Es gibt die Überlieferung, dass der Ritter von Dienstmägden das „Recht der ersten Nacht“ (lateinisch ius primae noctis) forderte. Eine junge Frau weigerte sich. Als ihr Verlobter später starb, wurde der Ritter des Mordes verdächtigt. Unter Eid soll er gesagt haben: „Wenn ich doch der Mörder bin gewesen, dann wolle Gott, soll mein Leichnam nicht verwesen.“

Ob der Ritter an Tuberkulose starb, konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Foto: Imago//Kai Horstmann

Todesursache bleibt nach mehr als 300 Jahren unklar

Starb der Edelherr von Kampehl an Tuberkulose? DNA des Tuberkulose-Erregers sei nicht eindeutig nachweisbar, ausgeschlossen sei diese Todesursache aber trotzdem nicht, teilt die Hochschule mit. Die Untersuchungen wiesen außerdem auf einen 50- bis 60-jährigen Mann hin, der im frühen 18. Jahrhundert starb. Das Skelett sei recht gesund gewesen.

Wahrscheinlich ist demnach auch, dass die Leiche auf natürliche Weise ausgetrocknet ist. Hinweise auf eine künstliche Mumifizierung wurden nicht gefunden, wie es heißt. „Der Leichnam wird durch einen guten Luftzug in dem Doppelsarg, der auf vier Füßen steht, schnell ausgetrocknet und dadurch mumifiziert sein.“

Info: Verwesung, Mumifizierung, Mumifikation

Verwesung
Haben Sie sich schon mal gefragt, wie lange die Verwesung eines Leichnams dauert? Die Zersetzungsprozesse im Körper, die zum Abbau organischer Substanzen führen, hängen maßgeblich von den Umgebungsbedingungen ab. Bei reichlicher Sauerstoffzufuhr schreitet die Verwesung sehr schnell voran. Wärme beschleunigt sie, während Kälte sie verlangsamt. An der frischen Luft schreitet die Verwesung zweimal so schnell voran wie im Wasser und achtmal so schnell wie in einem Erdgrab. In einem Erdgrab löst sich das komplette Körpergewebe innerhalb von ein bis zwei Jahren auf. Fingernägel, Haare und Sehnen brauchen etwa vier Jahre, um zu verwesen. Die Knochen zersetzen sich ganz zum Schluss.

Mumifizierung
Durch besondere Verfahren kann ein Prozess der langfristigen Leichenkonservierung eingeleitet werden, der als Mumifizierung bezeichnet wird. Die alten Ägypter waren wahre Meister in der Konservierung ihrer Toten.

Mumifikation
Als Mumifikation bezeichnet man hingegen den natürlich ablaufenden Prozess einer langfristigen Leichenkonservierung, der zur Bildung von Mumien führt. Besondere äußere Umstände wie starke Sonnenstrahlung, trocken-kalte Zugluft, große Kälte oder rasche Einbettung in ein giftiges Milieu können in manchen Fällen die Verwesung und Fäulnis frühzeitig stoppen.