Viele Eschen sind von einem Triebsterben befallen. In der Hörschbachschlucht bei Murrhardt muss jetzt die Axt ran. Es gibt aber Hoffnungssignale: womöglich sind einige Eschen resistent.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Murrhardt - Der Fachmann erkennt das Problem auf den ersten Blick. Rainer Wendt vom Kreisforstamt in Backnang schnappt sich den Trieb einer jungen Esche – sie ist kaum zwei Meter hoch. Er deutet auf die Blätter und sagt: Die „toten Stellen“ seien ein eindeutiger Beleg dafür, dass dieser Baum krank sei. Diese Esche wird vermutlich nie so groß wie jene Bäume, die nur ein paar Schritte vom Parkplatz beim Unteren Wasserfall in der Murrhardter Hörschbachschlucht liegen. Diese Eschen wurden kürzlich gefällt – obgleich die Forstarbeiter in dem Naturschutzgebiet nur selten zuschlagen. Doch die Sicherheit geht vor.

 

Die Hörschbachschlucht ist eines der beliebtesten Ausflugsziele im Landkreis, auch an diesem Nachmittag eines ganz gewöhnlichen Werktags sind ungezählte Wanderer und Spaziergänger unterwegs. Kranke Eschen seien eine akute Gefahr, sagte der Forstwissenschaftler Wendt. Jederzeit könnten Stämme zu Boden stürzen und Menschen gefährden. Deshalb würden jene Eschen, die vom Triebsterben befallen seien und an Waldwegen oder an Straßen stünden, vorsorglich entfernt. Mitten im Wald indes könne man die Bäume durchaus stehen lassen. Mitunter sei es aber empfehlenswert, erkrankte Eschen zu fällen, bevor das Holz völlig marode sei. Eschenholz sei gefragt, zum Beispiel als Brennholz. Wendt: „Es ist ebenso gut geeignet wie Buche.“ Doch auch die Industrie sei interessiert am Eschenholz, speziell die Hersteller von Sportgeräten setzten auf das biegsame Eschenholz. Die Firma Benz aus Winnenden zum Beispiel verwende Esche für die Produktion ihrer Holme für Barren.

Den Eschen ergeht es zurzeit wie den Ulmen. Das Ulmensterben habe fast alle dieser Bäume dahingerafft, erzählt Wendt während des Ausflugs in den Murrhardter Stadtwald unterhalb von Trailhof. Es gebe nur noch vereinzelt Ulmen, Schuld daran sei damals der Ulmensplintkäfer gewesen.

Für das Eschentriebsterben sei das sogenannte Falsche weiße Stängelbecherchen verantwortlich, erzählt Wendt. Dieser unscheinbare Schlauchpilz lebe eigentlich in den Blättern der Eschenarten in Ostasien, verursache an diesen Bäumen aber keine Schäden, doziert Wendt, der an der Universität Freiburg studiert hat.

In Europa ist die Krankheit der Eschen erstmals Anfang der 1990er-Jahre im Nordosten Polens aufgetreten. Sie verbreitet sich immer noch. In Baden-Württemberg wurden die ersten Symptome im Jahr 2009 entdeckt. Befallen werden Eschen aller Altersklassen an allen Standorten. Es gebe indes Hinweise, so Wendt, dass manche Eschen resistent sein könnten, möglicherweise rund zehn Prozent.

In Litauen, wo das Eschentriebsterben erstmals bereits 1996 auftrat, betrage der Anteil gesunder Eschen auf ehemals eschendominierten Kahlschlagflächen heute rund 29 Prozent – ein Hoffnungssignal, auch für die Hersteller von Sportgeräten. Hierzulande gebe es nämlich kaum Alternativen. Notfalls müssten Benz und Co. auf Exoten ausweichen, etwa den Hickory, ein nordamerikanisches Walnussgewächs.