Einen Kurztrip an die Nordseeküste oder die nordamerikanische Prärie gefällig? Das Carl-Schweizer-Museum macht’s möglich. Zu sehen gibt es auch mysteriöse und ausgestorbene Spezies.

Murrhardt - Ob sie ein Lieblingstier hat? Das junge Mädchen überlegt nur kurz. „Ja, Elefant und Wildschwein.“ Christian Schweizer, der Leiter des Carl-Schweizer-Museums, lacht: „Mit einem Elefanten kann ich leider noch nicht dienen. Aber ein Wildschwein haben wir da. Du weißt, dass die sich zwischen Spätzle und Soße am wohlsten fühlen?“ Für jeden Besucher haben Schweizer und sein Vater Rolf einen Spruch parat. Jeden Besucher individuell zu betreuen ist ihnen wichtig – und als privates Museum mit überschaubaren Öffnungszeiten können sie das auch tun.

 

Ob hier aber wirklich noch ein Elefant Platz finden könnte, ist eher fraglich: Der Ausstellungsraum ist bis an die hohe Decke angefüllt mit präparierten Tieren. Der Besucher gelangt von der Fauna der Nordseeküste über den Schwäbischen Wald bis hin nach Nordamerika. Die Schweizers sind bald 100 Jahre in Murrhardt ansässig – eine Dynastie von Tierpräparatoren. Dass der Schwerpunkt des Museums auf dem naturkundlichen Teil liegt, ist daher kein Zufall. „Unsere Präparate sind keine abgeschossenen Jagdtrophäen“, betont Christian Schweizer. Kein Tier habe sterben müssen, um ins Museum zu kommen: „Es sind Tiere aus zoologischen Gärten oder überfahrene Exemplare.“

Dem Nachtkrapp auf der Spur

Sein Vater Rolf Schweizer führt gerade eine Gruppe älterer Damen und Herren durch die heimische Tierwelt und räumt auf gut Schwäbisch mit weit verbreiteten Vorurteilen auf: „Dass mer das Alter von em Hirsch an den Enda abzähla koa, isch Quatsch.“ Denn ab dem 12. Lebensjahr baue sich das Geweih ab. Der Bursche, dem der gewaltige Kopfschmuck einmal gehört hat, der ein paar Meter weiter an der Wand hängt, hatte dieses Problem offensichtlich noch nicht – ausgestorben ist der Riesenhirsch aus der Gattung Megaloceros heute aber leider trotzdem.

Auch einem sagenumwobenen, von vielen Kindern gefürchteten Tier widmet sich Schweizer senior: dem Nachtkrapp, in Murrhardt auch als Fastnachtsgestalt bekannt. Er diente über Generationen als Schreckmittel, auch die Besucher kennen den Spruch: „Wenn du nicht heimkommst, holt dich der Nachtkrapp.“ Dabei, so erklärt Schweizer, habe die Figur ihren Ursprung im Schopfibis – „em ganz friedlicha Kerle, der Käfer und Würmer frisst“. Bis vor rund 400 Jahren lebte der Vogel in der Region, der das Pech hatte, mit seinem schwarzen Federkleid, dem nackten roten Kopf und dem langen Schnabel auszusehen wie ein Pestarzt aus dem Mittelalter.

Die Sammlung wird demnächst erweitert

Die Tierwelt ist nicht das Einzige, was das Museum seinen Besuchern näherbringt: Weitere Räume zeigen die Besiedlungsgeschichte Süddeutschlands. Besonderes Gewicht liegt – wie könnte es in der Nähe des Welterbes Limes anders sein – auf der Römerzeit. Zu jedem Exponat kann Christian Schweizer etwas erzählen. Zum Beispiel zu einem fast 2000 Jahre alten Bronzeschwert: „Ein sogenanntes Vorzeigeschwert, es stammt von einer Kaiserstatue“, weiß er. Damit sich Besucher noch besser vorstellen können, wozu der Limes-Wall diente und wie das Leben damals aussah, verfügt das Museum auch über einen riesigen Bildschirm, über den die Museumsgäste in ein dreidimensionales Modell eintauchen können. Das kommt vor allem bei jüngeren Besuchern gut an.

Einen Raum weiter erhebt sich eine Steinwand mit Originalsteinen aus dem Kreuzgang der Murrhardter Walterichskapelle, die seit knapp 30 Jahren hier vor der Witterung geschützt werden. Die Murrhardter Kirchen- und Klostergeschichte vom sechsten bis zum 18. Jahrhundert spielt im Carl-Schweizer-Museum natürlich eine große Rolle, immerhin war das ehemalige Benediktinerkloster St. Januarius die Keimzelle der Stadt. Doch auch über die jüngste Historie gäbe es noch viel zu erzählen – und daher will Schweizer das Museum bald um entsprechende Exponate erweitern. „Gerade in der Zeit bis 1950 gibt es viele spannende Themen“, sagt er. Zum Beispiel die Landrätekonferenz im Juni 1945, die erste demokratische Versammlung nach dem Zweiten Weltkrieg, die in der Sonne-Post Murrhardt stattfand.

Öffnungszeiten und Freizeit-Tipps

Museum
Das Carl-Schweizer-Museum, Seegasse 36, ist von Montag bis Freitag von 11 bis 12 und von 16 bis 17 Uhr geöffnet. Samstags öffnet das Museum nachmittags schon um 15 Uhr, Sonn- und Feiertags sind die Öffnungszeiten 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr. Gruppenführungen kosten extra und sind nach Vereinbarung auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich. Der Eintrittspreis liegt je nach Alter zwischen 1,50 Euro für Kindergartenkinder und 3,50 für Erwachsene.

Geschichte
Das Museum kann auf eine lange Historie zurückblicken: Schon im Jahr 1931 wurde es von dem Tierpräparator und Namensgeber Carl Schweizer, Christian Schweizers Urgroßvater, gegründet. Seitdem befindet es sich im Familienbesitz.

Tipps
In Murrhardt gibt es viel zu sehen. Für Familien lohnt sich bei gutem Wetter zum Beispiel ein Ausflug zum Waldsee Fornsbach. „Der ist barrierefrei, auch für Senioren gut zugänglich“, betont Christian Schweizer. Wer geschichtlich interessiert ist, findet entlang des Limes viele Attraktionen, die ihn begeistern könnten. Im Murrhardter Ärztehaus gibt es außerdem Reste einer alten römischen Therme, die bei den Bauarbeiten gefunden wurden. Naturliebhaber finden sicher Gefallen am Naturparkzentrum, Marktplatz 8, wo sie weitere Ausflüge im Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald planen können.