Wegen mehrerer massiver Attacken unter Alkohol- und Drogeneinwirkung muss sich ein 28-Jähriger Murrhardter jetzt vor dem Landgericht verantworten. Unter anderem soll er gezielt mit teils schweren Gegenständen auf Personen geworfen haben.

Murrhardt - Eigentlich hat er eine sehr friedliche Natur“, sagt ein Freund als Zeuge über seinen Kumpel, der vier Meter entfernt von ihm auf einer Anklagebank im Landgericht Stuttgart sitzt. Davon war aber offenbar bei zwei Gelegenheiten im Jahr 2013 wenig zu spüren. Im Mai hat der 28-Jährige laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft unter anderem einen gefüllten, gläsernen Zuckerstreuer nach einem anderen Gast in einer Murrhardter Sportbar geworfen und dadurch leicht an der Hand verletzt. Außerdem habe er die Bedienung des Etablissements in Angst und Schrecken versetzt und – ebenfalls per Wurf, der jedoch die Küchentür traf – mit einer kleine Plastikvase attackiert.

 

Ein halbes Jahr später im November dann war es die als Nebenklägerin mit im Gerichtssaal sitzende Nachbarin, die unter dem alkohol- und möglicherweise drogenbedingten Jähzorn des zu jener Zeit Arbeitslosen zu leiden hatte. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen habe er diese eines Tages nachmittags übel beleidigt und deren gläserne Wohnungstür derart malträtiert, das man später durch das entstandene Loch hindurchgehen konnte, so der Staatsanwalt. Ein Schlag mit dem Handrücken ins Gesicht, wüste Drohungen gegen das Leben der Nachbarin und wiederum ein Wurf – diesmal mit einer Lampe – seien ebenfalls Teil des gewalttätigen Auftritts des jungen Mannes gewesen.

20 Flaschen Bier pro Tag

Er selbst, so sagte der in Murrhardt aufgewachsene Angeklagte vor Gericht aus, habe an beide Vorfälle keinerlei eigene Erinnerungen. Eine Aussage, die zumindest ein Stück weit aus der massiven Drogenkarriere erklärbar wird, die der 28-Jährige der Richterin ausführlich und bereitwillig schildert. Bereits mit zwölf Jahren habe er mit Biertrinken begonnen, sei mit 13 bei vier bis fünf Flaschen pro Tag gewesen und habe sich im Alter von 15 Jahren an mit Wodka und anderem öfter bis zum Blackout zu gesoffen. Bis zu 20 Bier pro Tag sei später nicht selten gewesen, teils verbunden mit hartem Stoff und ebenfalls so mit 15 oder 16 Jahren regelmäßig mit der Einnahme von Amphetaminen oder Ecstasy.

Unterbrochen von einer eher abstinenten Phase mit 20 Jahren während einer festen Beziehung, wirkt auch die Schilderung der folgenden Jahre wie ein Streifzug durch alle Ebenen des Drogenmissbrauchs. Die Folge: gut ein Dutzend Entgiftungen und psychotische Schübe, vor allem während der Entziehungsphasen. Von Größenwahnsinn berichtet der Angeklagte – „ich dachte, ich kann an der Sonne drehen, dann wird es wärmer“ – und Verfolgungsängsten.

Inzwischen ist der Angeklagte abstinent

Seit einem dreiviertel Jahr sind diese Schübe offenbar vorüber, der 28-Jährige, so bestätigte sein Verteidiger, ist in Behandlung und trocken. Er habe die Aussicht auf einen Platz im entsprechend betreuten Wohnen und mache momentan ein Praktikum, um auch beruflich wieder Fuß zu fassen. Seiner einstigen Ausbildung zum Industriemechaniker wolle er eine weitere als Elektroniker für Automationstechnik folgen lassen, sagte der Murrhardter selbst.

In seinem Fall war zunächst Anklage am Backnanger Amtsgericht erhoben worden. Jenes Gericht hatte die Akten aber nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens an das Landgericht weiter gereicht. Der Grund dafür war die aufgrund des psychischen Zustandes mit mangelnder Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bestehende Möglichkeit einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Die Verhandlung vor der 18. Strafkammer des Landgerichts wird fortgesetzt.