Viele Museen haben während des Lockdowns Minus gemacht. Während sie versuchen, sich zu berappeln, wartet schon eine viel größere Gefahr auf sie.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Es ist wie in Privathaushalten auch – die einen haben während des Lockdowns Geld gespart und kamen gut durch die Krise, bei den anderen rutschte der Kontostand ins Soll. Museen, die einen Teil ihrer Kosten durch den Ticketverkauf und durch Sponsorengelder erwirtschaften müssen, haben durch die Schließzeiten ein Defizit eingefahren.

 

Eckart Köhne, der Direktor des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe, kann die Summe für sein Haus genau beziffern: „Wir haben 640 000 Euro Miese gemacht“, sagt Köhne. Auch wenn die Museen inzwischen wieder geöffnet haben, ist er davon überzeugt, dass der Spuk deshalb noch längst nicht vorüber ist: „Die meisten Häuser“, sagt er, „blicken keineswegs unbeschwert in die Zukunft.“ Selbst wenn große Häuser die Ausfälle leichter abfangen können als zum Beispiel kleine Privatmuseen, müssen auch die staatlichen Museen schauen, wie sich die Defizite kompensieren lassen.

Sammlungen bleiben zu

Das Landesmuseum Württemberg hat zum Beispiel beschlossen, dass die Schausammlungen im Alten Schloss geschlossen bleiben – voraussichtlich bis zur Eröffnung des neuen Foyers. Zum einen können derzeit wegen Umbaumaßnahmen ohnehin nicht alle Bereiche zugänglich gemacht werden, zum anderen seien aufwendige Hygienekonzepte notwendig und der Personaleinsatz hoch, sagt die Direktorin Astrid Pellengahr. „Wir müssen Gegenverkehr vermeiden“, was allerdings in Bereichen wie dem Uhrenkeller, der Glassammlung oder der Gruft kaum möglich sei. Gleichzeitig will Pellengahr das Publikum lieber in „Fashion?! Was Mode zu Mode macht“ locken. Die Sonderausstellung war vor dem Lockdown gerade mal 22 Tage zu sehen. Um die Kosten trotzdem einzuspielen, wurde die Laufzeit verlängert. „So kommen wir aus dem Hamsterrad heraus“, sagt sie.

Immerhin, Museumsschließungen habe es bisher nicht gegeben, meint Eckart Köhne, der auch Präsident des Deutschen Museumsbundes ist, „so weit ist es wohl noch nicht.“ Wie es aber langfristig weitergeht mit der Museumslandschaft, werde sich erst nach den Haushaltsverhandlungen im Herbst sagen lassen. Philipp Demandt, der Direktor von Schirn, Städel Museum und Liebieghaus in Frankfurt, ist überzeugt, dass Sonderausstellungen künftig längere Laufzeiten haben werden und sich der Trend verstärken wird, Ausstellungen aus der eigenen Sammlung heraus zu entwickeln. Das, meint Demandt, werde „wiederum Einfluss auf Erwerbungsstrategien“ haben.

Gestiegene Transportkosten

Christiane Lange, die Direktorin der Staatsgalerie Stuttgart, geht davon aus, dass die Kosten für Ausstellungen deutlich steigen werden. Schon jetzt seien die Transportkosten hochgegangen – „und dazu kommt dann noch die CO2-Besteuerung“, so Lange. Die Staatsgalerie ist eines der wenigen Häuser, die die Krise weitgehend unbeschadet überstanden haben. Zum einen habe man November- und Dezemberhilfe erhalten, zum anderen habe man sparen können, weil freie Aufsichten nicht mehr beschäftigt worden seien oder auch Abend- und Wochenendzuschläge der Festangestellten wegfielen. „Wir hatten echt Glück“, sagt Lange, „wir sind relativ gut durch die Krise gekommen.“

Museen befürchten Kürzungen

Aber auch Lange geht davon aus, dass die anstehenden Haushalte den Museen eher Kürzungen bescheren werden als Erhöhungen der Etats. Auch da werden es wiederum die kleinen Häuser sein, die Einschnitte schwerer verkraften können.

Auch Eckart Köhne ist vor allem bang um die Museen kleinerer Kommunen, die ihre Kultureinrichtungen womöglich grundsätzlich auf den Prüfstand stellen könnten. Deshalb ist er überzeugt: „Die Quittung werden wir erst im Herbst bekommen.“