Das Museum der Alltagskultur im Schloss Waldenbuch zeigt Objekte, die Mitglieder des Schwulen Wandertreffs Stuttgart beigesteuert haben. Flip Flops, Vesperbox und Wandertagebuch erzählen ganze Geschichten. Die Vernissage ist am 23. Oktober.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Die Männer haben vieles gemeinsam: Sie treffen sich gern zum Wandern, haben Freude an der Natur, genießen den Austausch mit Gleichgesinnten. Neben ihrer Freizeitbeschäftigung verbindet sie auch ihre sexuelle Orientierung. Zu Beginn der 1980er Jahre wurde der Schwule Wandertreff Stuttgart ins Leben gerufen, er ging hervor aus der „Schwuwa“ in Baden-Württemberg, der Schwulen Wandergruppe. Ziel sei es gewesen, nicht nur gemeinsame Wanderungen zu unternehmen, sondern einen Raum für Sozialkontakte zu schaffen, für das Vernetzen innerhalb der Community, erklärt Bernd Binkle vom Schwulen Wandertreff Stuttgart. „Die Gruppe ist ein sehr sozialer Kreis. Auch abseits der Wanderungen machen wir gemeinsame Unternehmungen, feiern gemeinsam Geburtstage.“ Dass über die Jahre feste Freundschaften entstanden sind, ist verständlich – „und sogar die ein oder andere Partnerschaft“, sagt Binkle. Auch traurige Erlebnisse, wie Abschiede von langjährigen Mitgliedern, verbinden die Männer.

 

Exponate erzählen von Freundschaft und Abschied

Von Freundschaften, Abschieden und natürlich vom Wandern erzählen die 17 Exponate, die die Mitglieder des Schwulen Wandertreffs Stuttgart zur neuen Ausstellung im Museum der Alltagskultur im Schloss Waldenbuch zusammengetragen haben.

Die Idee dafür ist gemeinsam mit der Landesstelle für Volkskunde in Stuttgart entstanden, die 2023 ihr 100-jähriges Bestehen feiert und sich im Rahmen dessen auf unterschiedlichen Wegen dem Thema Wandern nähert. Für „Mein Stück Alltag“ arbeitet das Museum der Alltagskultur mit wechselnden Gruppen zusammen. Das aktuelle Projekt wurde von Angelika Merk M.A. (Landesstelle für Volkskunde), Verena Plath M.A. (wissenschaftliche Volontärin, Landesmuseum Württemberg) und Sabine Zinn-Thomas (Leiterin der Landestelle für Volkskunde) begleitet. „Wir nehmen Gruppen in den Fokus, die nicht allgegenwärtig sind“, erläutert Verena Plath, die bei einer Internetrecherche auf den Schwulen Wandertreff Stuttgart gestoßen ist und den Kontakt geknüpft hat.

„Wir wandern wie die anderen“, so lautet das Motto des Wandertreffs. Thermoskanne, Landkarte und ausrangierte Wanderstiefel gehören ebenso dazu wie Sticker und Flyer des Wandertreffs. Und auch ein Paar Flip Flops findet sich unter den Ausstellungsstücken. Nicht gerade das passende Schuhwerk für eine Wanderung, „aber ein Alltagsgegenstand, der eine Freundschaft begründet hat“, sagt Bernd Binkle.

„Es sind Gegenstände dabei, die man beim Thema Wandern erwartet, wie die Vesperbox“, sagt Verena Plath. „Aber auch solche, die die Geschichte der Bewegung dokumentieren.“ So zum Beispiel das Wandertagebuch, das eines der Gründungsmitglieder in den ersten Jahren bis 1986 geführt hat, mit Fotografien, Zeichnungen und kleinen Erzählungen zu den Wanderungen. Bei jedem darauffolgenden Treffen wurde der Gruppe daraus vorgelesen.

Corona hat den Alltag der Wanderer verändert

Die jüngste Vergangenheit hat die Alltagsgegenstände der Wanderer noch erweitert: um Maske und Desinfektionstuch. „Corona hat viel verändert“, sagt Bernd Binkle , „jahrzehntelang war unser Rhythmus zwei Wanderungen im Monat, wegen Corona gab es Monate, in denen gar nichts stattfand.“ Derzeit treffe man sich einmal im Monat, „wir fahren mit halber Fahrt“, sagt Binkle. Auch auf den Wanderungen sei vieles anders. Abstandhalten, weniger Teilnehmer, Masken im ÖPNV tragen zum Beispiel. Dennoch: die Mitglieder wollen sich auch durch die Pandemie die Freude am gemeinsamen Wandern nicht nehmen lassen.

Vernissage „Mein Stück Alltag“ mit Exponaten des Schwulen Wandertreffs Stuttgart läuft bis 8. Oktober 2023 im Museum der Alltagskultur, Schloss Waldenbuch. Am Sonntag, 23. Oktober, um 15 Uhr findet die Eröffnung statt.