Im Museumswengert in Stetten stehen 30 historische Sorten. Im Mai wird dort unter der Stettener Y-Burg ein ganz besonderer Stock eingepflanzt.

Museumswengert - So um die 40, 50 Jahre alt sind Traubenstöcke in der Regel, wenn später auf den Etiketten des aus ihren Trauben gekelterten Weins der Zusatz „Alte Reben“ steht. Im vor exakt zehn Jahren angelegten Museumswengert unter der Stettener Y-Burg wird demnächst das Edelreis einer Rebe gepflanzt, die rund zehn Mal so alt ist. Die als älteste Rebe der Welt geltende „Stara Trta“ (Alte Rebe) steht im slowenischen Maribor an einem historischen Gebäude mitten in der Stadt und hat es mit ihren mehr als 400 Lebensjahren sogar zum Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde gebracht.

 

Einen Ableger dieses Reben-Methusalems hat Maribors Bürgermeister Andrej Fištravec jetzt in einer feierlichen Zeremonie dem Remstalwengerter-Ehepaar Marion und Jochen Beurer überreicht – als Anerkennung ihres Engagements für den Erhalt historischer Rebsorten.

Ableger der Alten Rebe wird im Mai gepflanzt

Quasi als Geburtstagsfeier zum ersten runden Jubiläum des Museumwengerts soll der bereits pflanzfertig auf einer geeigneten Unterlage veredelte Steckling im Mai dort eingepflanzt werden – unter Anwesenheit eines Gesandten der Stadt Maribor. Es handelt sich dabei um eine Pflanze der Rebsorte Schwarzsamtene, in Slowenien unter den Bezeichnungen Zametovka oder Zametna bekannt. Hierzulande firmiert sie auch unter dem Begriff, Blauer Kölner, die Ungarn nannten sie einst der strahlend blauen Beerenfarbe wegen „Kökönös“, die Schlehenblaue. Im Stettener Museumswengert steht die Schwarzsamtene mit der berühmten Abstammung künftig neben Vertretern der historischen und kaum mehr erhaltenen einheimischen Sorten wie Heunisch, Räuschling, Honigler, Urban, Adelfränkisch oder Affenthaler.

Der Rebschnitt im Frühjahr gilt in den slowenischen Weinbaugebieten traditionell als wichtiges Ereignis – in Maribor ganz besonders derjenige an der Stara Trta. Und seit einigen Jahren schenkt die Stadt Maribor aus diesem Anlass alljährlich eine limitierte Anzahl an Stecklingen ihres uralten Weinstocks ausgewählten Kommunen oder Institutionen mit besonderem Bezug zum Weinbau. Stand Ende 2018 gibt es weltweit 163 der mit offiziellem Zertifikat beurkundeten Stara-Trta-Setzlinge in 24 Ländern auf vier Kontinenten. In Deutschland haben seit 1990 nur sieben Institutionen ein Edelreis der Alten Rebe erhalten.

Ein Freund hat die Auswahlkommission überzeugt

Dass der berühmte Nachkomme ins Remstal kommt, so berichtet Jochen Beurer, sei einem guten Freund mit zu verdanken, der die Leidenschaft der Beurers für mittelalterliche und historische Rebsorten teile. Matthias Braun aus Hemmingen habe mit seinem fundierten Vorschlag die für die Vergabe zuständige Auswahlkommission überzeugt. „Er hat den Grundstein für den Einzug der ältesten Rebe der Welt ins Remstal gelegt“, freut sich der Stettener Wengerter.

Ausschlaggebend war dabei der historische Museumsweinberg, den die Beurers und ihre Mitstreiter beim Projekt „Rettet die Reben“ auf Mäuerleswengert direkt unterhalb der Stettener Y-Burg angepflanzt haben. Im Bemühen um die Rekultivierung mittelalterlicher Rebsorten im Remstal stehen dort nun gut 30 historische Rebsorten. Teils sind diese in der alten Drei-Schenkel-Technik erzogen: Die Ruten werden wie früher an drei schräg aufeinander zulaufenden Holzpfählen angebunden. Aus den unterschiedlichen Rebsorten stellt Beurer – so wie einst – einen „Gemischten Satz“ her. Dabei werden, so erläutert Beurer den historischen Tropfen vom Museumswengert, dessen erster Jahrgang der 2013er war, „die Rot– und Weißweinsorten zu einem Zeitpunkt gelesen und gemeinsam zu einem Wein abgepresst“.