Dennis Müller, Pfarrer der Friedenskirche in Ludwigsburg, vereint in seinem Leben und in seiner Arbeit zwei große Leidenschaften: Musik und Theologie.
„Zurückkommen in die Heimat“, so nennt Dennis Müller seinen Umzug von Leonberg nach Ludwigsburg, wo er seit März Pfarrer an der evangelischen Friedenskirche ist. In Ludwigsburg ist er aufgewachsen, war nach dem Studium Vikar in Leonberg, später Pfarrer in Brackenheim und hat ab 2015 als Pfarrer an der Michaelskirche in Leonberg-Eltingen gewirkt. Die „große Strahlkraft“ der Ludwigsburger Friedenskirche nennt Müller als einen Hauptgrund für seinen Wechsel. Das liegt seiner Meinung nach an so besonderen Formaten wie dem in den 1990er Jahren ins Leben gerufenen „Nachteulengottesdienst“, der ihn als Jugendlicher schon spirituell geprägt hat. Und setzt sich fort in der Vesperkirche, für die er nun verantwortlich ist: Konkrete Nächstenliebe, nennt er das Leuchtturmprojekt.
Viele Pfarrer im Stammbaum
Es gibt aber noch einen weiteren Grund: Die Friedenskirche sei eine „beeindruckende Veranstaltungskirche“, mit Konzerten hochkarätiger Musiker, sagt der 45-Jährige. Denn Müller ist nicht nur Pfarrer, sondern leidenschaftlicher Musiker mit einer professionellen Ausbildung. Seine Musikbegeisterung beginnt schon im Schulalter: Beim Jazzpianisten Klaus Wagenleiter, einer der Leiter der SWR-Bigband, hat er zweieinhalb Jahre Unterricht. Anschließend steht fest: Er will Musik studieren, Schulmusik und Jazz. In dieser Phase, er ist damals 19 Jahre alt, hat er während eines Gebets ein intensives spirituelles Erlebnis: „Da habe ich gespürt, dass die Theologie und das Pfarrersein für mich der richtige Weg ist.“ Ganz überraschend kommt das nicht: Müller stammt aus einer religiösen Familie, hat viele Pfarrer im Stammbaum. Obwohl er sich zuvor eher als Künstler gesehen hat, entscheidet er sich um und nimmt das Erlebnis ernst. Vor dem Theologiestudium musste er erst mal alte Sprachen büffeln: Ein Jahr lernte er Latein und Althebräisch. „Dabei ist mein Berufungserlebnis durchaus geprüft worden.“
Die nächste Station war das theologische Stift in Tübingen. Früher sei man dort nach einer strengen Auswahl aufgenommen worden. Als er zu studieren anfing, standen mangels Theologiestudenten die Tore weit offen. Was ist der Grund dafür, dass sich immer weniger junge Menschen für Theologie interessieren? Und was kann die Kirche entgegensetzen? Was ist ihr Alleinstellungsmerkmal? „Die Person Jesus Christus“, antwortet Müller sofort.
Das Herzstück seiner Arbeit nennt er „Menschen Spiritualität im Kirchenraum erleben zu lassen“. Schon früh hat er über seine amerikanische Mutter und Reisen in die USA eine musikalische, lebensbejahende, fröhliche Art des Gottesdienstes kennengelernt. Als Müller selbst Pfarrer ist, holt er die Musik in die Kirche, gibt Konzerte, lädt Gastmusiker ein, streamt während des Lockdowns in die Wohnzimmer der Gemeindemitglieder, etabliert Christmas-Jazz-Konzerte.
Jazzender Pfarrer
Bekannt ist er seit einem Zeitungsartikel als „jazzender Pfarrer“. Er selbst sieht sich zunehmend als spirituellen Pianisten, der sich auch außerhalb der Kirche musikalisch positioniert. Beides wirkt für ihn zusammen: „Die Seele des Jazz‘ ist die Improvisation. Was mich als Künstler begeistert, ist die Kreativität, die auf der Bühne passiert – in diesem Moment. Wenn das gelingt, wenn der Funke überspringt, dann entsteht ein Werk in seiner Urform. Ich denke, dass die evangelische Kirche genau davon mehr braucht: Kreativität“. Deswegen plädiert er für mehr Popularmusik im Kirchenraum. Für viele Menschen sei es schwer, emotional an die Orgelmusik anzudocken, zu der sie keinen Bezug in ihrem Alltag haben, glaubt er.
Mit neuen Formaten möchte er die Menschen in der Friedenskirche abholen: Eins davon heißt „Flow“ und findet einmal im Monat am Donnerstagabend statt. Es geht um Musik und Worte, um Gänsehautmomente. Um das Gefühl der Ergriffenheit. Um moderne Kirchenmusik, Pop, Worship, Gospel und Jazz. Um Zuhören und Mitsingen.
Den Weg zum professionellen Musiker beschreitet der Vater einer Tochter, seit er 2022 sein Album „Eternal Sound“ mit selbst komponierten Titeln veröffentlicht hat. Ein Kunstalbum, aufgenommen mit bekannten Profimusikern und einer von ihm entwickelten Improvisationsmethode.
Durch seine Lebenspartnerin lernt Dennis Müller den Starpianisten Tian Jiang kennen, der lange in New York gelebt und regelmäßig Konzerte in der Carnegie Hall gegeben hat. Zusammen spielen sie ein Konzert in der Leonberger Stadthalle. Am Samstag, 10. August, gibt Dennis Müller um 19 Uhr New Yorker Zeit ein Konzert in Manhattan. Unter https://www.stjvny.org gibt es einen Livestream.