Gleich zwei Rapper haben kürzlich unabhängig voneinander Lieder über ihre Heimatstadt Kirchheim/Teck im Kreis Esslingen veröffentlicht. Die beiden Musiker Juse Ju und Fränk da Tänk und ihre Singles könnten trotz dieser Gemeinsamkeit unterschiedlicher kaum sein.

Kultur: Kathrin Waldow (kaw)

Kirchheim/Teck - „Ich will zurück zu meinem Kirchheim Horizont, ich will zurück nach Hause“, singt der Rapper Juse Ju auf seinem neuen Album „Shibuya Crossing“. Das ist erst kürzlich erschienen und dann direkt auf Platz 35 der Deutschen Albumcharts aufgeschlagen.

 

Juse Ju heißt mit bürgerlichem Namen Justus Hütter. Der 35-Jährige hat seiner Heimatstadt in der schwäbischen Provinz auf der autobiografischen Platte das Lied „Kirchheim Horizont“ gewidmet. Eine Kostprobe: „Den Dorfjunkie kennst du persönlich ganz gut, denn in der Jugend wart ihr gemeinsam in der Schule.[...] Hier hat jeder Swag, hier hat jeder Dialekt aber denkt, das wäre Hochdeutsch, man geht hier ja nicht weg . . .“ Im Refrain heißt es: „Und den ganzen Sommer draußen auf ner Wiese mit ner Bong, alle sind am Rauchen. Ich will zurück zu meinem Kirchheim Horizont, ich will zurück nach Hause.“

Große Festivalbühne vs. Kleinstadt-Club

Dass eingeschränkte Sichtweisen und Provinzielles nicht sein Ding sind, besingt er auf dem Album in direkten, gesellschaftskritischen und nicht immer jugendfreien Worten ebenso wie Diskriminierung, Meinungsbildung und nostalgische Gefühle, die ihn an seine Kindheit und Jugend erinnern.

„Als Kind habe ich fünf Jahre in Japan gelebt, dann kam ich nach Kirchheim, wo ich erst mal nicht hingepasst habe. Trotzdem ist auch Kirchheim mein Zuhause. Die Stadt hat alles, aber hier bleibt immer alles im Kleinen. So ab vom Schuss zu leben und das gut zu finden, wollte ich in dem Lied transportieren – ohne jemanden anzugreifen. Alles was ich in Kirchheim Horizont singe, ist wirklich passiert, ich habe nur ein paar Namen geändert,“ so Hütter.

Heute lebt der Musiker und Radiomoderator nach mehreren Zwischenstopps in Berlin. Hier hat er unter anderem das 2016 veröffentlichte Video zum Lied „German Angst“ gedreht. Zuvor hat er bereits mehrfach mit der Antilopen-Gang gearbeitet. Sein derzeitiges viertes Album ist dennoch sein bisher größter Erfolg: „Dass es so explodiert ist, ist schon ungewöhnlich“, sagt er. Die Musikfestivals Hurricane und Southside haben ihn für diesen Sommer gebucht. „Da muss ich mir eine neue Bühnenshow erarbeiten, die bisherige passt für so eine große Bühne nicht mehr.“

Schwaben-Rapper mit Herz für die Heimat

Auf einer deutlich kleineren Bühne als die eines großen Festivals, feiert der Kirchheimer Musiker Frank Hermeneit als Fränk da Tänk Ende April im Club Bastion in Kirchheim die Releaseparty seines neuen Albums. Gemeinsam mit Juse Ju hat er das Musik-Genre und eine Ode an die Teckstadt.

Seine Reichweite beschränkt sich im Gegensatz zum gleichaltrigen Juse Ju, dem auf Facebook rund 14 600 Menschen folgen, auf etwa 700 Facebook-Fans. „Mein Erfolg ist, dass die Musik in einem kleinen Kreis gut ankommt. Bei den großen Labels bin ich abgeblitzt“, so Hermeneit, der sich davon nicht abschrecken lässt und seine Lieder und Alben selbst produziert. In der Liebeserklärung des Schwaben-Rappers unter dem Titel „Kirchheim unter Tänk“ geht es um „Liebe zur Heimat, das Landleben, die Kneipen und die Menschen hier“, so Hermeneit.

Auf seinem neuen Album finden sich ebenfalls Texte, die über den Kleinstadt-Tellerrand hinausblicken, in denen auch gesellschaftskritische Töne anklingen. In dem Lied „Gruibinger“ etwa huldigt er dem Bier aus dem schwäbischen Dorf und nimmt die HipHop-Branche mit Hilfe einer hauchenden Frauenstimme aufs Korn, augenzwinkernd gibt er im Song Brad Pitt einer bei der Partnersuche anspruchsvollen Dame den Hinweis. „Brad Pitt wohnt in L.A. und du nur in Kirchheim“.

Die lokale Kultur hochzuhalten, ist ihm wichtig. Das zeigen die Kollaborationen auf der Platte mit Künstlern wie der Band Grup Huup und Daniel Hughes.

Termine: Releaseparty Fränk da Tänk, 30. April, 20:15 Uhr, Club Bastion, Kirchheim. Juse Ju, 9. Juni, 21:30 Uhr, Ract-Festival, Tübingen und 6. Oktober, 20 Uhr, Schräglage, Stuttgart.