Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Anfang 2001 kam auf Firma-Bonn-Records – es gehörte damals zum guten Ton, als cooler Klamottenladen aus Liebhabertum nebenher ein eigenes kleines Musiklabel zu betreiben – eine Vinyl-Single von Dominik Benzler heraus, die als Dreingabe beim Kauf seines Skateboards dabei war. Die Zeitschrift „De:Bug“, das Sprachrohr der Avantgarde, bezeichnete die Veröffentlichung als „Harmoniesucht, Straßenglück! Vier der ergreifend-lässigsten Poptracks des Jahres“. Alles schien nur noch eine Frage der Zeit, bis Dominik Benzler mit seinem beinahe britisch klingenden Pop im Musikfernsehen zu sehen sein würde.

 

Auf einmal aber waren beide, Hermann und Benzler, weg – nach Berlin geflohen. Harald Hermann schaffte den Durchbruch. Seine Gemälde hängen heute im Restaurant von Fernsehkoch Tim Raue. Dominik Benzler dagegen war scheinbar komplett von der Bildfläche verschwunden – zumindest wenn man die Sichtbarkeit in sozialen Medien als Gradmesser für die Produktivität eines Künstlers heranziehen kann. Was also ist während der vergangenen 17 Jahre passiert?

Seit kurzem stellt sich Dominik Benzler dem Wettbewerb in den sozialen Medien

Interview in Berlin. Benzler sieht müde aus. Letzte Nacht hat er im Berliner Über-Club Berghain gearbeitet. Im Metapher gewordenen Betontempel der Generation Easy Jetset steht er seit 2010 hinter der Bar. Wenn er nicht gerade Drinks im Festspielhaus des Hedonismus verkauft, produziert er noch immer seine Musik und dazu Videos. Für seine Verhältnisse überraschend: Seit einem Jahr ungefähr hat er ein Facebook-Profil. Benzler stellt sich dem Wettbewerb mit Menschen, die halb so alt sind wie er, auf Instagram.

„Lange Zeit hatte ich gehofft, das bloße Veröffentlichen guter Musik könne genügen, und mein Publikum würde mich dann schon irgendwie finden“ sagt Dominik Benzler . „Das Underdog-Sein habe ich viel zu lange romantisiert. Nicht für sich zu werben ist aber Quatsch. Die Selbstvermarktung über soziale Netzwerke fühlt sich immer noch etwas seltsam an, es geht aber immer besser.“ Schließlich sei kein Musiker angetreten, um ungehört zu bleiben.

In stilistischen Eskapaden verloren

Wegen der Musik ist er damals nach Berlin gezogen, „was auch immer ich mir da genau erträumt hatte“. Der Neustart im Berlin der Nuller-Jahre sei hart gewesen. „Ich hatte meinen Local-Hero-Status abgegeben und musste von null anfangen.“ Vorbei die Zeit der kurzen Wege in Stuttgart. Kein Job im Skateshop mehr, kein Sponsor, stattdessen hat er in einem Copyshop, auf dem Bau und an der Garderobe gearbeitet.

Zu der Zeit war Dominik Benzler fast immer im Doppelpack unterwegs mit dem Künstler Harald Hermann. Beide kannten sich von der Schule. Der eine, Hermann, extrovertiert, laut, fordernd, klebte ganz Stuttgart mit einem Aufkleber zu, der einen Feuerkopf zeigte. Der andere, Benzler, zurückhaltend, leise, lebte scheinbar nach der Maxime „Im Zweifel für den Zweifel“, um es mit einem Songtitel der Hamburger Band Tocotronic zu sagen.

Auf einmal war Benzler weg, nach Berlin gezogen

Anfang 2001 kam auf Firma-Bonn-Records – es gehörte damals zum guten Ton, als cooler Klamottenladen aus Liebhabertum nebenher ein eigenes kleines Musiklabel zu betreiben – eine Vinyl-Single von Dominik Benzler heraus, die als Dreingabe beim Kauf seines Skateboards dabei war. Die Zeitschrift „De:Bug“, das Sprachrohr der Avantgarde, bezeichnete die Veröffentlichung als „Harmoniesucht, Straßenglück! Vier der ergreifend-lässigsten Poptracks des Jahres“. Alles schien nur noch eine Frage der Zeit, bis Dominik Benzler mit seinem beinahe britisch klingenden Pop im Musikfernsehen zu sehen sein würde.

Auf einmal aber waren beide, Hermann und Benzler, weg – nach Berlin geflohen. Harald Hermann schaffte den Durchbruch. Seine Gemälde hängen heute im Restaurant von Fernsehkoch Tim Raue. Dominik Benzler dagegen war scheinbar komplett von der Bildfläche verschwunden – zumindest wenn man die Sichtbarkeit in sozialen Medien als Gradmesser für die Produktivität eines Künstlers heranziehen kann. Was also ist während der vergangenen 17 Jahre passiert?

Seit kurzem stellt sich Dominik Benzler dem Wettbewerb in den sozialen Medien

Interview in Berlin. Benzler sieht müde aus. Letzte Nacht hat er im Berliner Über-Club Berghain gearbeitet. Im Metapher gewordenen Betontempel der Generation Easy Jetset steht er seit 2010 hinter der Bar. Wenn er nicht gerade Drinks im Festspielhaus des Hedonismus verkauft, produziert er noch immer seine Musik und dazu Videos. Für seine Verhältnisse überraschend: Seit einem Jahr ungefähr hat er ein Facebook-Profil. Benzler stellt sich dem Wettbewerb mit Menschen, die halb so alt sind wie er, auf Instagram.

„Lange Zeit hatte ich gehofft, das bloße Veröffentlichen guter Musik könne genügen, und mein Publikum würde mich dann schon irgendwie finden“ sagt Dominik Benzler . „Das Underdog-Sein habe ich viel zu lange romantisiert. Nicht für sich zu werben ist aber Quatsch. Die Selbstvermarktung über soziale Netzwerke fühlt sich immer noch etwas seltsam an, es geht aber immer besser.“ Schließlich sei kein Musiker angetreten, um ungehört zu bleiben.

In stilistischen Eskapaden verloren

Wegen der Musik ist er damals nach Berlin gezogen, „was auch immer ich mir da genau erträumt hatte“. Der Neustart im Berlin der Nuller-Jahre sei hart gewesen. „Ich hatte meinen Local-Hero-Status abgegeben und musste von null anfangen.“ Vorbei die Zeit der kurzen Wege in Stuttgart. Kein Job im Skateshop mehr, kein Sponsor, stattdessen hat er in einem Copyshop, auf dem Bau und an der Garderobe gearbeitet.

Nach einem Kreuzbandriss im Jahr 2003 ging es für Benzler immer weiter weg vom Skaten, hin zur Musik, weiter auf der Suche nach seinem eigenen Sound. „Ich habe mich immer wieder in stilistischen Eskapaden verloren, bis ein Freund sagte, ich solle endlich aufhören, alle Musik, die ich gut finde, auch selber machen zu wollen.“

Also ging es zurück zu den Wurzeln, zurück zur Gitarre. 2005 erschien auf dem Hamburger Kassettenlabel EK (Einlege-Kassetten) das Album „Monday Mourning“, mit „ou“ geschrieben, den englischen Begriff für Trauer meinend.

2008 gründete Benzler sein Label Liederkranz

Benzler trat erstmals nicht mehr unter Biertrick, sondern unter dem Pseudonym The Island in Erscheinung. In seiner alten Heimat blieb die Umbenennung unbemerkt, genauso wie die Tatsache, dass er im selben Jahr zu den Berliner Underground-Helden Doc Schoko stieß, die soeben ihr neues Album „Stadt der Lieder“ auf dem Plattenlabel Staatsakt veröffentlicht haben. Anfangs spielte Benzler bei Doc Schoko Bass, heute Schlagzeug. Daneben produzierte er seine Musik solo und gründete seine erste richtige eigene Band, Adam Wonder.

Als sich immer mehr Musik angesammelt hatte, beschloss Benzler 2008, diese einfach selbst zu veröffentlichen. Er gründete sein eigenes Label und nannte es Liederkranz, weil ein Grillfest in Kornwestheim so heißt. „Durch Internetseiten wie Bandcamp, Soundcloud, Vimeo und natürlich Youtube haben sich einfache Wege ergeben, Musik in Eigenregie zu vertreiben.“ Mit seinem Label schuf er sich einen eigenen kleinen Indiepop-Indierock-Kosmos mit inzwischen zehn Veröffentlichungen und über einem Dutzend Videos.

Die Sehgewohnheiten der Generation Facebook werden an ihre Grenzen geführt

Die Videos sind romantische, psychedelisch anmutende Kunstfilme, größtenteils auf Super-8-Film gedreht. Sie lassen eine Ahnung von Benzlers Blick auf seine Umwelt zu. Sein Spiel mit Zeitraffer und Animationen ergeben Zeitdokumente, die die Sehgewohnheiten der Generation Facebook an ihren Grenzen führen.

Und wie fühlt es sich nun an, Kunst offensiv zu bewerben? „Vor zehn Jahren hätte ich mich das so noch nicht getraut. Jetzt verstehe ich das aber als einen Zuruf von meiner Seite und warte die Reaktionen ab.“

Zum ersten Mal seit 17 Jahren tritt er solo in Stuttgart auf

Am kommenden Mittwoch stellt er sich als Solokünstler erstmals nach 17 Jahren den Reaktionen in seiner alten Heimat. Um 20 Uhr präsentiert er anlässlich des zehnjährigen Bestehens seines Liederkranz-Labels eine aktuelle Werkschau in der Bar Bergamo am Hans-im-Glück-Brunnen, die sich zukünftig stärker dem Thema Kultur widmen möchte. Passt ein solcher Auftritt zu Dominik Benzler? Er grinst: „Schlimmer als Instagram wird es schon nicht werden.“