Die Regierung hat Zahlen veröffentlicht, wie es um das Musikland Baden-Württemberg steht. Die Situation der Musiklehrer ist unbefriedigend, stellt sie in ihrer Bilanz fest.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - In schwere Fahrwasser ist das Land Baden-Württemberg in Sachen Musikförderung zuletzt geraten. Zum einen wegen der Orchesterfusion beim Südwestrundfunk, zum anderen durch die Debatte um die Zukunft der Musikhochschulen. In beiden Fällen prasselte eine Menge Kritik auf den grünen Ministerpräsidenten und seine Parteifreundin ein, die Kunstministerin. Winfried Kretschmann habe sich nicht genug für den Erhalt beider SWR-Klangkörper eingesetzt, und Theresia Bauer wolle die Musikhochschullandschaft beschneiden, so die Vorwürfe.

 

In zwei aufeinander folgenden Jahren habe der deutsche Musikrat die Landesregierung dafür mit seinem Antipreis „Gordischer Knoten des Musiklebens“ rügen müssen, beklagt die CDU-Fraktion im Landtag. Sie rügt die „planlose Politik der Landesregierung, die das Musikland Baden-Württemberg gefährdet“, und hat daher ein Große Anfrage an die Regierung gestellt mit der Bitte um Auskunft, wie es um das Musikland stehe. Die Antwort liegt nun vor.

Das meiste Fördergeld gibt das Land demnach für die Klangkörper aus, was angesichts deren kostenintensiver Personalstärke nachvollziehbar ist. Im Jahr 2003 waren es noch nur knapp über neun Millionen, die Summe ist kontinuierlich auf über elf Millionen Euro (siehe Tabelle unten) gestiegen. Gefördert werden damit acht Orchester: die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz, die Württembergische Philharmonie Reutlingen, die Stuttgarter Philharmoniker, das Freiburger Barockorchester sowie die Kammerorchester Heilbronn, Mannheim, Pforzheim und Stuttgart.

Hinzu kommen sieben Chöre: der Anton-Webern-Chor und der Balthasar-Neumann-Chor (beide Freiburg), der Junge Kammerchor und der Philharmonia Chor (beide Stuttgart), das Studio Vocale Karlsruhe, das Vocalensemble Rastatt sowie der Württembergische Kammerchor. Daneben werden drei Kammermusikensembles institutionell gefördert, das Ensemble Recherche in Freiburg, das Klangforum Heidelberg sowie die Musikalische Akademie Stuttgart.

Gefördert werden auch zwei Staatstheater

Den höchsten Anteil an der Gesamtfinanzierung der jeweiligen Klangkörper machen die Landesmittel bei den Orchestern aus (37,3 Prozent), gefolgt von den Kammerorchestern (24,4 Prozent), den Kammermusikensembles (13 Prozent) sowie den Chören (7,3 Prozent).

Den Rest ihrer Etats bestreiten die genannten Einrichtungen durch kommunale und regionale Zuschüsse, außerdem natürlich durch Eintrittskarteneinnahmen – sowie durch Spenden und Drittmittel. Ihr Anteil hat sich in den vergangenen Jahren erheblich erhöht. Er betrug bei den philharmonischen Orchestern 2003 nur 65 000 Euro, im Jahr 2012 waren es schon 228 000 Euro. Die Kammerorchester konnten ihre diesbezüglichen Einnahmen von 189 000 Euro (2003) auf sogar knapp über eine Million Euro im Jahr 2012 steigern. Die Kammermusikensembles, die vor gut zehn Jahren auf nahezu gar keine Drittmittel zugreifen konnten, akquirieren mittlerweile rund 200 000 Euro, die Chöre etwa 40 000 Euro.

Ebenfalls vom Land gefördert werden natürlich auch die beiden Staatstheater in Stuttgart und Karlsruhe sowie die Theater Freiburg, Pforzheim, Heidelberg, Ulm und Mannheim, die allesamt eigene Klangkörper unterhalten. Aus ihren Gesamtetats lassen sich jedoch die Kosten hierfür nicht herausrechnen. Gleiches gilt für die geförderten nichtstaatlichen Institutionen: die Internationale Bachakademie, das Musikpodium und Musik der Jahrhunderte – alle in Stuttgart.

Differenzierter stellt sich die Lage bei den geförderten klassischen Musikfestivals dar (siehe Grafik). Bei einigen von ihnen blieben die Fördersummen in den vergangenen Jahren in etwa gleich hoch, zum Beispiel bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen, den Schwetzinger Festspielen, dem Stimmenfestival Lörrach und den Heidenheimer Opernfestspielen. Bei anderen ist sie deutlich angehoben worden: dies sind die Donaueschinger Musiktage, das Festival Rossini in Wildbad und das Europäische Kirchenmusikfestival Schwäbisch Gmünd.

Kürzung des Kulturhaushalts um zehn Prozent

Hinzu kommen einige kleinere Klassikfestivals, die von den Regierungspräsidien finanziell unterstützt wurden. Bei der Förderung der Festivals werde deutlich, so die Landesregierung, dass die 2004 erfolgte pauschale Kürzung des Kulturhaushalts um zehn Prozent bis heute, also genau zehn Jahre später, in vielen Bereichen noch immer nicht hinreichend kompensiert werden konnte.

Die Förderung der Jazzmusik durch das Land fällt hingegen – siehe die weitere Grafik – deutlich bescheidener aus. Ihre Höhe blieb in den vergangenen vier Jahren mehr oder weniger unverändert – lediglich der Jazzchor Freiburg konnte sich über eine Verdoppelung des Zuschusses freuen.

Seit 2012 präsentiert sich das Land zudem mit einem Stand auf der Fachmesse Jazzahead in Bremen. Dort haben Clubs, Veranstalter, Labels und Tonstudios aus Baden-Württemberg die Möglichkeit, sich einem internationalen Publikum zu präsentieren. Hierfür sind zusätzliche Gelder bereit gestellt worden.

Ebenfalls seit 2012 fließen zudem Landeszuschüsse aus dem neuen Innovationsfonds Kunst. Hiervon profitierten bisher die IG Jazz für die Projekte „Jazz@Large“ und „School goes Jazz“, der Verein Friends of Enjoy Jazz für das von ihm ausgerichtete „Jazz Symposium“ sowie die Kulturstiftung Hohenlohe für das Projekt „Hohenloher Jazz-Maile“.

Die Neue Musik soll gestärkt werden

Die Landesregierung verweist darauf, dass bisher fünfzig der insgesamt 161 geförderten Projekte aus dem Innovationsfonds Kunst dem Bereich Musik zuzuordnen sind. Zudem hält sie fest, dass den fünf Hochschulen und Akademien für Bildende Kunst, Darstellende Kunst und Film im Land allein fünf Musikhochschulen sowie die Popakademie gegenüberstehen. Und sie erwähnt das im Konzept „Kultur 2020“ festgelegte Ziel, die Neue Musik zu stärken. Exemplarisch dafür stünde die Gründung des Netzwerks Neue Musik, das von der Baden-Württemberg-Stiftung mitfinanziert werde. Insgesamt ist die institutionelle Förderung zeitgenössischer Musik um rund 70 000 Euro angehoben worden. Profitiert haben davon das Freiburger Ensemble Recherche, das Klangforum Heidelberg sowie Musik der Jahrhunderte.

Das meiste Geld insgesamt lässt sich die Landesregierung allerdings die Förderung der Musikschulen kosten. 17,9 Millionen Euro betrug 2013 der Zuschuss, rund eine Million mehr als noch fünf Jahre zuvor. Zudem gibt es einen Zuschuss für die Geschäftsstelle des Landesverbands der Musikschulen, die Fortbildung der Musikschullehrkräfte an der Musikschulakademie Schloss Kapfenburg und die Landesakademie für die musizierende Jugend in Ochsenhausen.

Die 17 Millionen fließen allerdings nicht nur freiwillig. Laut dem Jugendbildungsgesetz ist die Landesregierung verpflichtet, mindestens zehn Prozent der Kosten für das pädagogische Personal der Musikschulen zu übernehmen. Und aufgrund der im Jahr 2004 erfolgten Sparmaßnahmen liegt die Fördersumme nur auf genau diesem gesetzlichen Minimum von zehn Prozent.

Situation der Nachwuchsmusiker ist besorgniserregend

Die Situation dieses pädagogischen Personals empfindet die Landesregierung selbst als unbefriedigend. Es gäbe deutlichen Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Beschäftigungsbedingungen und der Vergütung der Musikschullehrer, Festanstellungen seien beklagenswerterweise die Ausnahme, so die Landesregierung.

Sogar „besorgniserregend“ sei hingegen die Situation der Nachwuchsmusiker im Land. Die Zahl fester Beschäftigungsstellen für sie, wo auch immer in der Republik, sinke seit zwanzig Jahren beständig, gleiches gelte für das Durchschnittseinkommen von Musikern in Deutschland.

Und gar keine Chance schließlich sieht die Landesregierung für ein Stiftungsmodell, mit dem das SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg doch noch erhalten bleiben könnte. Der Finanzbedarf dafür beliefe sich auf jährlich elf Millionen Euro – also genau jenen Betrag, den das Land in alle anderen Klangkörper gemeinsam stecke.

Förderung von Musikfestivals

Förderung von Jazz

Landeszuschüsse