So hat man den Schlager „Alle Tage ist kein Sonntag“ noch nicht gehört. Überraschend haben sich der Rammstein-Lyriker Till Lindemann und der Universalgeiger David Garrett zusammengetan. Richtig besinnlich ist das nicht.

Kultur: Stefan Kister (kir)

Stuttgart - Es ist mit Sicherheit keine Corona-Impfung, die sich Till Lindemann zu Beginn dieses Videos in die Adern haut, sondern der goldene Startschuss für eine neue Szene aus dem dunkeldeutschen Mysterientheater des Rammstein-Frontmanns. Sogleich entsteigt der visionären Puppenkiste an Marionettenfäden eine Westentaschenausgabe des Geigers David Garrett, der in fiebrig-schmelzendem Ton begleitet, was Lindemann so singt, als würde Musik in Fraktur und nicht in Noten aufgezeichnet. Bis er selbst in den Seilen hängt.

 

Wiedergänger der Vergangenheit

Aus dem sentimentalen Schmankerl „Alle Tage ist kein Sonntag“, mit dem einst Marlene Dietrich und Fritz Wunderlich die Vor- und Nachkriegswelt zu Tränen rührten, machen Lindemann und Garrett einen brachialen Totentanz. Und wo sich sonst Marionetten über das niederziehende Gesetz der Schwerkraft erheben, baumeln hier die Wiedergänger der Vergangenheit schwer an den Stricken der Verzweiflung als wären sie aus Schwermetall. „Und wenn ich einst tot bin, sollst du denken an mich, auch am Abend eh du einschläfst, aber weinen sollst du nicht.“

Lindemann entfesselt die finsteren Gewalten, die der Kitsch verkleistert. Der harte Stoff, den er seiner Marionette Garrett einflößt, bekommt diesem gut. So nah jedenfalls ist er dem sonst leichtfertig verliehenen Label Teufelsgeiger selten gekommen. Ein weihnachtliches Rührstück kann man es nicht unbedingt nennen, was dieser Zusammenarbeit entsprossen ist. Aber das hat ja auch niemand wirklich erwartet.