Vor 50 Jahren wurde in Deutschland die Normbrunnenflasche eingeführt. Viel mehr als ein schnödes Behältnis: ein Design-Denkmal. Das schafften auch andere Flaschen. Wir zeigen Beispiele

Stuttgart - Vor 50 Jahren, am 28. August 1969, wurde in Deutschland die Normbrunnenflasche eingeführt, besser bekannt als Perlenflasche – wegen der Noppen im Glas. Sie sollte den Handel mit Mineralwasser vereinfachen. Bis heute ist sie trotz heftiger Konkurrenz Inbegriff der Wasserflasche. Viel mehr als ein schnödes Getränkebehältnis: ein Design-Denkmal. Das schafften auch andere Flaschen. Wir zeigen berühmte Beispiele.

 

Bierflasche „Steinie“

Wenn eine Brauerei ihre Tradition betont, füllt sie ihr Bier gern in diese knubbelige 0,33-Liter-Flasche, die in den 30er Jahren in den USA erfunden wurde. Da schmeckte Bier noch nicht nach Grapefruit. Die Form heißt offiziell Steinie, weil sie dem Bierkrug nachempfunden sein soll (englisch: beer stein). In Süddeutschland eher üblich: Stubbi – von Stumpf oder Stubben. Weil sie selbst in ungastlicher Umgebung standfest ist, auch wenn der Trinker schon wankt, wurde sie in Deutschland auch zärtlich Maurerpulle genannt. Heute oft mit Bügelverschluss.

Campari-Soda

Zu den bekannten alkoholischen Mixgetränken gehört der Campari Soda. Die Rezeptur des bitteren roten Aperitifs stammt von 1862. In Italien wird Campari Soda oft fertig gemischt angeboten. Die kegelförmigen Fläschchen entwarf 1932 der Futurist Fortunato Depero, dem es beim Design um klare, dynamische Formen ging. Die Campari-Soda-Flasche steht für die Abneigung gegen jegliche Verweichlichung. Die Futuristen hatten ja den Anspruch, eine neue Kultur zu begründen, wurden aber bereits im Ersten Weltkrieg zu Propagandisten des Faschismus. Die Flasche ist dennoch ein Blickfang.

Normbrunnenflasche

230 Perlen in zehn Reihen und eine markante Taille geben der Normbrunnenflasche ihr unverwechselbares Aussehen. Entworfen wurde sie von Günter Kupetz, eingeführt am 28. August 1969. Seitdem ist die Perlenflasche in aller Munde: Eine Milliarde sind derzeit im Umlauf, alle bis heute produzierten Flaschen nebeneinander gestellt reichen aus, um den Äquator elfmal zu umrunden, aufrecht aneinandergereiht geht es bis zum Mond und weiter. Kurz gesagt: Die Normbrunnenflasche ist ein Klassiker, eine Design-Ikone und macht dem Durstigen sofort klar, was drin ist. Leider nur Mineralwasser.

Bocksbeutel

Qualitätsweine oder sogenanntes flüssiges Kopfweh, meist aus der Region Franken oder auch Portugal, werden schon seit 250 Jahren im Bocksbeutel kredenzt. Die Flasche liegt gut in der Hand, schmiegt sich an den Körper an und soll Feldflaschen nachempfunden sein. Auch ziemlich super: Wer zu viel aus dem Bocksbeutel trinkt und gegebenenfalls umfällt, muss später nicht lange nach der Flasche suchen – der Bocksbeutel kann vieles, aber eben nicht wegrollen. Ob die Flaschenform einst tatsächlich nach dem Hodensack des Ziegenbocks benannt wurde, ist glücklicherweise nicht lückenlos überliefert.

Coca Cola

Coca-Cola-Konturflasche klingt schon etwas weniger sexy als Mae West. Für die Jüngeren: Mae West war eine mit ausladenden Formen gesegnete US-Schauspielerin. Ihr Körper soll zur Gestalt der Brauseflasche inspiriert haben. Andere Quellen sagen, Vorbild sei eine Rockform (Humpelrock) gewesen – oder schlicht ein Coca-Strauch-Blatt. So oder so: Die 1915 von T. Clyde Edwards, Earn Dean und Alexander Samuelson entworfene Buddel mit Rillen war im Dunkeln allein durchs Anfassen erkennbar. Der Bauchumfang war der Stabilität abträglich, heute hält man eine verschlankte Form in Händen.