Der Prozess gegen die Hypo Real Estate startet spektakulär. Die Skandalbank hat laut Gericht die Anleger getäuscht. Etwa 40 Kläger, die hinter dem Musterverfahren stehen, können sich nun berechtigte Hoffnung auf Schadenersatz in offener Höhe machen.

München - Es beginnt mit einem Paukenschlag. Nachdem Richter Guido Kotschy seine vorläufige Rechtsauffassung im Musterprozess gegen die Skandalbank Hypo Real Estate (HRE) verkündet hat, ist es still im Sitzungssaal 134 des Münchner Landgerichts. Seine Ausführungen seien möglicherweise unerwartet gewesen, sagt der Jurist und gibt den Streitparteien eine Besprechungspause.

 

Es geht um viel. Frühere HRE-Aktionäre fordern rund 1,2 Milliarden Euro Schadenersatz. Bisherige Klagen, bei denen sie um höhere Abfindung nach der Verstaatlichung der Bank gestritten hatten, gingen allesamt verloren. Nun zeichnet sich bei der juristischen Aufarbeitung des HRE-Debakels erstmals eine Wende zu Gunsten der Kläger ab. Die HRE und ihr damaliger Chef Georg Funke, hätten es im November 2007 versäumt, Anleger und Kapitalmärkte über Risiken im Umfang von rund 150 Millionen Euro zu informieren, meint Kotschy. „Der Senat erwägt ernsthaft, darin eine Unterlassung zu sehen“, erklärte er. Erst am 15. Januar 2008 und damit Monate zu spät habe die Bank die Kapitalmärkte unterrichtet und Risikopapiere abgeschrieben. „Das ist das Kernproblem des Ganzen“, betonte Kotschy. Wie überraschend Anfang des Jahres 2008 die Bekanntgabe plötzlich notwendiger Abschreibungen in der Finanzwelt aufgenommen wurde, verdeutlicht der anschließende Kurssturz von 35 Prozent innerhalb eines Tages.

Die etwa 40 Kläger, die hinter dem Münchner Musterverfahren stehen, können sich nun berechtigte Hoffnung auf Schadenersatz in offener Höhe machen. „Wir sehen das so wie das Gericht“, sagte Klägeranwalt Andreas Tilp aus Kirchentellinsfurt sichtlich zufrieden. Der Prozess hat aus seiner Sicht besser als erwartet begonnen. „Es gab kein Informationsdefizit“, entgegnete dagegen ein HRE-Anwalt, der um Fassung bemüht ist.