Die Polizei gab Einzelheiten über einen Mordfall und den Suizid eines verdächtigen Anwalts bekannt. Er galt als vermögend, dennoch ließ er sich wohl in kriminelle Machenschaften ein.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Mehr Klarheit, aber wohl nicht die ganze Wahrheit ist nun über einen spektakulären Kriminalfall bekannt, der sich im  Juli in Freiburg ereignet hat. Am Rand des Industriegebiets Haid wurde ein 24-Jähriger auf einem Feldweg tot aufgefunden. „Es war sofort klar, dass es sich um ein Kapitalverbrechen handelt“, erklärte Peter Egetemaier, der Leiter der Freiburger Kriminalpolizei auf einer Pressekonferenz am Freitag in Freiburg. Der Getötete war der Polizei bereits als Drogendealer aufgefallen.

 

„Schnell gab es Hinweise auf die Beteiligung eines 39-jährigen Rechtsanwalts“, berichtete David Müller, der Leiter der Sonderkommission Haid, die sich an die Arbeit machte. Schnell kamen die Ermittler einem Krimi auf die Spur, der aus einem „Tatort“ stammen könnte. Am 6. August durchsuchte die Polizei die Kanzlei des Anwalts in der Freiburger Innenstadt und dessen „private Wohnobjekte“. Ein Spürhund erschnüffelte einen versteckten fast sechsstelligen Geldbetrag.

150 000 Euro versteckt

Es erhärtete sich der Verdacht, dass der Anwalt in illegale Geldwäsche- und Waffengeschäfte verwickelt war. Er hatte 150 000 Euro aus Rauschgiftgeschäften für das Mordopfer, seinen Mandanten, versteckt. Gefundene Unterlagen und Dateien führten zur Verhaftung eines weiteren Verdächtigen, eines 33-jährigen Kochs eines Szenelokals in der Nähe der Anwaltskanzlei. Dieser gestand, dass er den Mordauftrag von dem Rechtsanwalt bekommen habe und mit 50 000 Euro dafür bezahlt worden sei.

Die Aktion auf der Haid war genau geplant gewesen. Das Opfer wurde in der Nacht dorthin gelockt mit dem Versprechen, eine Waffe erwerben zu können. Nach der Hinrichtung des wohl nichts ahnenden 24-Jährigen durch zwei Kopfschüsse floh der Schütze, und der Anwalt entsorgte Waffe, Munition und Magazin in verschiedenen Gewässern. Taucher der Polizei haben das Tatwerkzeug geborgen.

Tot in der Gefängniszelle

Damit schien der Fall eigentlich geklärt. Doch dann nahm der Fall eine unerwartete Dramatik an. Am Morgen des 18. November wurde der beschuldigte Anwalt tot in seiner Zelle in der Justizvollzugsanstalt Offenburg gefunden. Eigentlich sollte er an diesem Tag nach Stammheim verlegt werden. „Nach allen Erkenntnissen müssen wir von einem Suizid ausgehen“, sagte der Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer. Das Ergebnis der Obduktion der Leiche bestätige diese Annahme. Außerdem wurden Abschiedsbriefe in der Zelle gefunden.

Anzeichen für eine Selbstmordgefährdung habe es nicht gegeben. Die Zelle sei noch am Freitag vor dem Suizid durchsucht worden, weil es Hinweise gegeben habe, dass der Anwalt aus der Haft heraus Einfluss auf den Todesschützen habe nehmen wollen, der „Bezüge zum Rotlichtmilieu“ habe, wie die Polizei erklärte. Der Koch sollte vor Gericht schweigen und dafür erneut mit Geld belohnt werden.

Frau zusammengeschlagen

Dass noch nicht die volle Wahrheit über das ganze Geschehen auf dem Tisch liegt, zeigt auch ein Vorfall am Abend des 18. November: Eine 26-jährige Bekannte des Todesschützen wurde in Freiburg wohl zusammengeschlagen und steht nun unter Polizeischutz, der Täter ist nicht bekannt. Möglicherweise war es eine brutale Warnung an den Koch, der jetzt als einziger Verdächtiger einem Mordprozess entgegensieht.

Ungeklärt ist, warum sich der Anwalt auf die illegalen Machenschaften eingelassen hat. Wie es heißt, war er vermögend. Doch wie er es wurde, ist unklar. Die Polizei fand in der Anwaltskanzlei Unterlagen, die Betrug an Mandanten nahelegen. Der Oberstaatsanwalt spricht von einer „finanziellen Motivlage“. Umgangssprachlich würde man es wohl Geldgier nennen. „Er hat wohl nicht gedacht, dass man auf die Idee kommt, einen Anwalt zu verdächtigen, sagte ein Polizist am Rande der Pressekonferenz.