Erdkröten-Damen sind nicht zu beneiden: oft müssen sie gleich mehrere Männchen zum Laichplatz schleppen und sind dann nach der Eiablage so erschöpft, dass sie sterben. Naturschützer haben nun in Begrlen Zäune aufgebaut, damit sie wenigstens vor Autos sicher sind.

Berglen - Noch liegt der Fischteich an der Straße von Berglen-Steinach nach Hößlinswart starr und still unter einer dünnen Eisdecke. Demnächst aber wird es in dem Gewässer wieder hoch her gehen. Denn sobald die Nächte milder sind, ungefähr ab 8 Grad Celsius, erwacht die nachtaktive, etwa zehn Zentimeter große Erdkröte aus der Winterstarre, kriecht aus ihrem Erdloch im Wald oberhalb des kleinen Sees hervor und macht sich auf den Weg zu eben jenem Gewässer, in dem sie einst zur Welt gekommen ist, um dort ihren Nachwuchs abzulegen.

 

Wird die von der Natur festgelegte Wanderroute von einer Straße durchkreuzt, dann ist die Reise ein lebensgefährliches Unternehmen für die Kröten. Deshalb sind am Samstagvormittag 16 Ehrenamtliche unter der Regie der Nabu-Gruppe Winnenden an der Straße nach Hößlinswart zugange: Alle haben neongelbe Westen übergestreift, denn sie müssen dicht am Fahrbandrand arbeiten und die wenigsten Autofahrer nehmen Rücksicht und ihren Fuß vom Gaspedal.

Per Eimer-Taxi über die Landstraße

Reinhard Bretträger fährt einen voll beladenen Anhänger an den Straßenrand, gleich darauf laden die Frauen und Männer mehrere hundert Meter lange, aufgerollte dicke Plastikfolien ab. Die etwa einen halben Meter hohen grünen Planen sind am oberen und unteren Rand mit Ösen versehen, durch welche die Helfer lange Baustahlstangen fädeln. Die rammen sie in den Boden, so dass eine Barriere entsteht. Sie ist zwar nur kniehoch, reicht aber aus, um die Erdkröten von der Straße fernzuhalten.

Die Helfer kommen rasch voran. „Das Wetter ist ideal“, freut sich Reinhard Bretträger – schließlich scheint die Sonne und der Boden ist zwar mit Reif überzogen, aber nicht gefroren, so dass sich die Stahlstangen mit wenigen Hammerschlägen ein gutes Stück in die Erde treiben lassen. „Wir haben schon bei Schnee und Nieselregen aufgebaut“, erzählt Reinhard Bretträger, der den vom Nabu organisierten Aufbau seit Jahren betreut. Für die am Zaun gestrandeten Kröten sind dann Mitglieder des Bunds für Umwelt und Naturschutz (Bund) zuständig: In den späten Abendstunden gehen sie während der Wanderzeit die Barriere ab, sammeln die Tiere ein und transportieren sie per Eimer-Taxi über die Landstraße.

Zahl der Kröten steigt wieder

Die vor dem Straßentod geretteten Kröten werden jedes Jahr gezählt und erfasst, weshalb Reinhard Bretträger Auskunft dazu geben kann, wie es um die Erdkrötenpopulation in Berglen steht. Der Naturschützer spricht von einer „positiven Entwicklung“ und deutet auf eine Tabelle mit vielen Zahlen. Sie zeigt, dass die Summe der gefundenen Kröten seit 2013 stetig zunimmt – nachdem sich 2012 als ein ziemlich verheerendes Jahr für diese Art erwiesen hat. „Da gab es einen extrem starken Rückgang, was vermutlich mit einem Virus oder einem Schmarotzer zusammenhing“, sagt Bretträger.

Wie sich der heiße Sommer des vergangenen Jahres auf die Kröten ausgewirkt habe, das könne man erst nach der anstehenden Wanderphase beurteilen: „Gewässer sind ja extrem wichtig für die Eiablage und da war im Sommer 2018 ja vieles ausgetrocknet. Ob das die Kaulquappen geschädigt hat, weiß man jetzt noch nicht.“

Eines weiß Reinhard Bretträger aber gewiss: dass der Großteil der weiblichen Erdkröten nach dem Laichvorgang, bei dem jede mehrere tausend Eier in einer einen Meter langen Laichschnur ablegt, stirbt. „Das ist sehr kraftraubend und die Sterberate hoch.“ Und manches Weibchen überlebe erst gar nicht die Paarung im Wasser. Denn da es bei den Erdkröten einen extremen Männerüberschuss gibt – das Geschlechterverhältnis liegt bei etwa Zweidrittel Männchen und einem Drittel Weibchen – stürzen sich bisweilen so viele Kröteriche auf eine Krötendame und klammern sich an ihr fest, dass sie untergeht und ertrinkt.