Bei der Familienführung mit dem Nabu durch das Büsnauer Wiesental entdecken Kinder den Lebensraum Wiese, und die Eltern erfahren an den Tagen der Artenvielfalt, wie sie im Alltag etwas gegen das Artensterben tun können. Wir sind mitgelaufen.

Vaihingen - „Echt cool!“ Was das junge Mädchen damit meint, ist weder eine neue Playstation noch eine Puppe. Es ist vielmehr das, was sie auf einer Wiese nur ein paar Meter entfernt von der Universität in Vaihingen gefunden hat: bunte Blumen, Käfer, Wespen. Eingeladen hatte zu dieser Familienexkursion ins Büsnauer Wiesental die Stuttgarter Nabu-Gruppe, die im Rahmen der Tage der Artenvielfalt einmal zeigen wollte, was auf den Wiesen nahe der Universität so alles fliegt, krabbelt und wächst.

 

Und das ist eine ganze Menge! Maria Ruland und Stefan Kress vom Naturschutzbund schicken die Kinder auf eine kleine Expedition zu Butterblumen und Löwenzahn. Dass bei genauerem Hinsehen hier auch noch etliche Insekten leben, lernen die jungen Naturfreude, als sie die Köpfe gewissermaßen in die Wiese stecken. Der Jagdtrieb erwacht! Kurz darauf bekommen Ruland und Kress stolz die Lupenbechergläser mit dem zeitweiligen Fang entgegengestreckt. Darin werden von den beiden Naturkennern kleine Wildbienen, eine Laus, ein schlafender Nachtfalter, ein toter Schneekäfer und auch ein Soldatenkäfer identifiziert.

Dramatischer Rückgang bei den Insekten

Kress ist begeistert. „Toll, was ihr gefunden habt“, sagt er. Denn das sei nicht selbstverständlich. „Der Rückgang gerade bei den Insekten ist dramatisch, deren Biomasse ist in den vergangenen Jahren um rund 80 Prozent gesunken“, zitiert er jüngste Forschungsergebnisse. Kurios dabei: „Es gibt in Städten manchmal mehr Insekten als in landwirtschaftlich geprägten Gegenden“, sagt das Nabu-Mitglied. In Stuttgart würden 1400 Pflanzenarten wachsen, weil die Topografie sehr unterschiedlich sei. „Und von den 450 Wildbienenarten, die es in Baden-Württemberg gibt, kommen rund 250 in Stuttgart vor“, gibt er ein weiteres Beispiel. Städte hätten als Refugium für Insekten einen hohen Stellenwert, betont Kress.

Mit bewusstem Einkauf die Artenvielfalt erhalten

Dafür gibt es nach Worten Rolands mehrere Gründe. Man findet dort ein kleinräumiges Mosaik mit Wald, Gärten, Wiesen und Zäunen vor, außerdem werde nicht zu viel gespritzt. Denn die Landwirtschaft habe zwar erst einmal dafür gesorgt, dass wir eine ganz strukturierte Natur und damit viele Lebensräume hätten, „sonst gäbe es in Deutschland nur Wald“. Die Artenvielfalt sei jedoch dann zurückgegangen, als die Landwirtschaft industrialisiert wurde und große, intensiv bewirtschaftete Felder entstanden. „Die biologische Landwirtschaft ist aus Sicht des Artenschutzes deutlich besser, auch kleine Äcker böten für die Natur Vorteile“, sagt Ruland. Gleichzeitig müsse man jedoch auch Verständnis für die Bauern haben, die unter großem Druck stünden und Geld verdienen müssten. „Jeder von uns kann beim Einkauf dazu beitragen, die Artenvielfalt zu erhalten“, betont Kress und empfiehlt, einen Blick darauf zu werfen, wie und wo die Lebensmittel erzeugt worden sind. Hilfreich für Tiere und Pflanzen seien nach Ansicht der beiden Nabu-Mitglieder Ackerrandstreifen oder eine Mahd, bei der ein kleineres Stück der Wiese nicht unter den Mähbalken kommt.

Einzigartiges Verhalten einer Schmetterlingsart

Dass eine abgemähte Wiese im Naturschutzgebiet Büsnauer Wiesental gut für eine bedrohte Tierart ist, verraten die beiden am Ende der Tour. Denn genau das hilft dem Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling – eine Schmetterlingsart – der mit seinem einzigartigen Verhalten für Erstaunen sorgt. Er tarnt sich als Raupe als Ameise und wird von diesen in deren Nest gepflegt, frisst sogar deren Brut, bevor er sich verpuppt und schnell das Weite suchen muss. Denn als Schmetterling wäre er nun die Beute der Ameisen.

Führungen in der Natur Der Nabu Stuttgart bietet immer wieder Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene in der heimischen Natur an. Infos unter www.nabu-stuttgart.de.