Die Marbacher Ortsgruppe des Nabu feiert am Sonntag das 120-jährige Bestehen. Die einst agile Organisation hat Nachwuchsprobleme.

Der Name Schiller ist unwiderruflich mit der Stadt Marbach verbunden. Zunächst denkt man dabei an Friedrich Schiller, den Dichter und Ästhetiker. Den bringt Klaus Ruge, der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) Marbach zwar ins Spiel, wenn es um die Festlichkeiten zum 120-jährigen Bestehen der Gruppe geht. „Der gebildete Mensch macht sich die Natur zum Freund“, formulierte einst der berühmte Sohn der Stadt, und Ruge verweist damit gern auf den Nabu, der sich der Umweltbildung verschrieben hat.

 

Auch der Name Schiller ist Pate für die Umweltschützer

Doch es war ein anderer Schiller, nämlich Friedrichs Vater Johann Kaspar Schiller, der die Forstbaumschulen des Landes leitete; noch immer gehen heutige Streuobstbestände im mittleren Neckarraum auf das Wirken dieses Schillers zurück. Überhaupt sind der Artenschutz, Wasser- und Luftverschmutzung sowie das Verschwinden von Hecken keine Erscheinungen unserer Zeit. Schon vor 120 Jahren schreckten diese Umweltauswirkungen viele Zeitgenossen auf.

Eine der unmittelbaren Folgen davon war die Gründung des Bundes für Vogelschutz im Jahr 1899 durch die Stuttgarterin Lisa Hähnle, aus dem der Nabu entstand. Zwischen 1938 bis 1945 als Reichsbund für Vogelschutz gleichgeschaltet, erfolgte von 1946 an der Wiederaufbau als BfV. 1965 hat sich der Verband in Deutscher Bund für Vogelschutz (DBV) umbenannt und in Landesverbände untergliedert. Im Jahr 1990 fand der Zusammenschluss mit den in der ehemaligen DDR gegründeten Landesverbänden zum Naturschutzbund Deutschland statt.

Am 1. Januar 1903 wurde die Gruppe Marbach im Bund für Vogelschutz zum ersten Mal in der Ortsgruppenliste des Bundesverbands aufgeführt mit anfangs 26 Mitgliedern. Heute besteht der Nabu Marbach aus 260 Mitgliedern, dem auch Erdmannhausen und Affalterbach angegliedert sind. Eine prägende Figur des Nabu Marbach war der Schulrektor Hans Besch, der Generationen von Kindern an die Natur herangeführt hat – legendär war dabei das sogenannte Heckenputzeten, das bis heute Bestand hat.

Seit 36 Jahren im Vorstand tätig

Auch Klaus Ruge engagiert sich seit 36 Jahren im 13-köpfigen Vorstand und war schon lange davor Mitglied. Er erinnert sich gern an die „rebellischen Anfangsjahre“, als er 1982 mit Mitstreitern eine selbstverwaltete Jugendorganisation durchgesetzt hat. „Die älteren Mitglieder hatten anfangs Probleme, dass wir den Naturschutz auch politisch gesehen haben“, sagt Ruge. Doch der Nabu Marbach habe sich immer wieder eingemischt und beispielsweise die Neckar-Alb-Autobahn durch den Hardtwald in den 1980er Jahren verhindert.

Neben dem Schutz der Streuobstwiesen, in denen bedrohte Tierarten einen Lebensraum finden, kümmert sich der Marbacher Nabu heuer vor allem um die Bildung. In der Arbeit mit Kindern setzt der Naturschutzbund in Marbach immer wieder Akzente. Ruge nimmt den Nachwuchs etwa in der Hector-Akademie an der Marbacher Grundschule an die Hand. Gemeinsam geht es dann auf Entdeckungstour, und es wird Basiswissen vermittelt. 2000 – also bevor die bundesweite „Stunde der Gartenvögel“ im Jahre 2006 startete – gab es in Marbach schon eine „Erlebniswoche Vögel“. Zeitschriften wie „Wir und die Vögel“ sind entstanden, für die man immer wieder neue Illustratoren gesucht hat. Gleiches gilt für Bücher wie „Braunkehlchen kehrt zurück“, „Kinder lernen Vögel kennen“ oder „Anton und der Specht“.

Das Fernsehen hat eine Specht-Beobachtung begleitet

Mit Vorträgen und Führungen bringt die Gruppe den Menschen die Natur näher. Der Nabu Marbach hat auch zahlreiche Projekte begleitet – zu den spannendsten gehörte die Beobachtung einer Spechtfamilie, die vom SWR über sechs Monate lang begleitet und fürs Radio und Fernsehen aufbereitet wurde.

Am Sonntag wird jetzt in der Stadthalle gefeiert. In einer kleinen und kostenlosen Jubiläumsschrift wird die Geschichte des Nabu Marbach nachgezeichnet. Claus König, von 1969 bis 1984 ehrenamtlich Präsident des heutigen Nabu wird die Gäste in die Welt des Wanderfalken mitnehmen – einem Vogel, der in den 80er Jahren aufgrund von Pestiziden und zu vielen Rodungen massiv gefährdet war. Inzwischen hat sich der Raubvogel erholt und ist seit drei Jahren auch in Marbach ansässig. „König kennt natürlich auch noch andere Brutplätze der Vögel, aber das wird er nicht verraten, um die Vögel zu schützen“, sagt Ruge. Der Vorsitzende des Nabu Marbach ist inzwischen 90 Jahre alt und wünscht sich eine Verjüngung des Vorstands. „Und ich bedauere, dass es schon länger keine Kinder- und Jugendgruppe mehr bei uns gibt“, sagt Klaus Ruge.