Seit 1956 produziert der Konzern an der Bahnhofstraße. Von den 735 Arbeitsplätzen werden 500 nach Feuerbach ins Stammwerk verlagert. Der Bürgermeister Dieter Hofmann zeigt sich schockiert und spricht von einer Katastrophe für die Stadt.

Rutesheim - Eine schlechte Nachricht für Rutesheim: Bis 2018 wird der 27 000 Quadratmeter große Bosch-Standort vollständig geschlossen. „Das ist eine Katastrophe für uns“, sagt der Rathauschef Dieter Hofmann. Von den 730 Angestellten werden nur die mit Festvertrag nach Feuerbach verlagert, 230 befristet Beschäftigte werden nicht übernommen.

 

Zwei Gründe führt das Unternehmen für die Entscheidung an: Einmal sei das Gebäude seit vielen Jahren nicht renoviert worden. „Um zukunftsfähig zu werden, müsste ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag investiert werden“, erklärt Claudia Arnold, die zuständige Sprecherin von Bosch. Tatsächlich ist die Gebäudesubstanz veraltet, teilweise wurde sogar die Verwaltung in Container ausgelagert. „Innen ist aber alles auf dem neuesten Stand“, sagt Dieter Hofmann. Erst vor Kurzem sei die Zahl der Mitarbeiter aufgestockt worden, die Produktion sei ausgelastet.

Der zweite Grund hängt mit dem Produkt zusammen. Bosch stellt in Rutesheim sogenannte Lambda-Sonden her – sie messen den Sauerstoffgehalt im Abgas und sind in Katalysatoren eingebaut – kein Verbrennungsmotor komme ohne dieses Bauteil aus. „Am Standort kann heute nicht mehr wettbewerbsfähig produziert werden“, erklärt Arnold. Die Wettbewerber würden die Lambda-Sonde deutlich günstiger anbieten, daher müssten Kosten gespart werden.

Das will der Konzern erreichen, indem Doppelstrukturen etwa für den Empfang und die Mensa vermieden werden – die Produktion aus Rutesheim wird komplett in demnächst leer stehende Räume in Feuerbach verlegt. 200 Stellen, die angesichts der guten Auftragslage für Sonderschichten eingesetzt wurden, fallen weg. Dafür werden aber Kapazitäten im „internationalen Fertigungsverbund“ aufgebaut, so dass man wieder auf „Normalbetrieb“ zurückfahren könne, so Claudia Arnold. Sprich: Bosch setzt auf Produktionsstätten im Ausland.

Kommunalpolitiker fühlen sich überrumpelt

Die Rutesheimer Kommunalpolitiker fühlen sich überrumpelt. „Das ist kein guter Stil“, schimpft der Bürgermeister Dieter Hofmann. Bosch habe um ein Gespräch am nächsten Montag gebeten, jedoch nicht mitgeteilt, worum es gehe. „Am Donnerstag habe ich vom Werkleiter erfahren, dass der Standort geschlossen werden soll“, sagt der Schultes. Dies bestätigt Claudia Arnold – es sei aber von Anfang geplant worden, dass der Werkleiter das Rathaus informieren solle.

Das Treffen am Montag mit der Konzernleitung im Rutesheimer Rathaus soll laut Arnold dazu dienen, verschiedene Szenarien durchzuspielen. Das Gelände gehört Bosch und liegt mitten im Wohngebiet – auch das ist für das Unternehmen ein Grund, dort nicht mehr weiter zu produzieren.

Das wiederum kann Hofmann nicht verstehen: „Ja, die Fertigung liegt im Wohngebiet, aber es hat dort nie irgendein Problem gegeben.“ Im Gegenteil, Bosch sei in der Stadt gut integriert, sei ein angesehener Arbeitgeber und zuverlässiger Gewerbesteuerzahler. Wenn auch in den vergangenen Jahren nur wenig aus der Zentrale in Gerlingen nach Rutesheim überwiesen wurde – früher hat die Kommune von Bosch stark profitiert.

„Der Verlust von 730 Arbeitsplätzen ist ein schwerer Schlag für eine kleine Stadt“, erklärt der Bürgermeister. Schließlich hat man erst 2012 die Schließung der Firma Drescher verkraften müssen, die in ihren Hochzeiten ebenfalls 1200 Arbeitsplätze bot. Dass Porsche das Drescher-Areal gekauft hat, bezeichnet man im Rathaus als „Glücksfall“. Doch beim Bosch-Areal wird das nicht so einfach sein – Gewerbe ist an der Stelle nicht mehr vorstellbar, schon wegen der nahen Wohnhäuser.

Immerhin, einen kleinen Vorteil hat die Entwicklung: Rutesheim kann auf dem Gelände möglicherweise neues Wohnbauland ausweisen. „Doch daran will ich jetzt gar nicht denken“, meint Hofmann. Der Verlust wiege für die Kommune zu schwer. Einen Versuch, die Konzernleitung noch umzustimmen, will der Bürgermeister auf jeden Fall machen – bei dem Gespräch am Montag. Viel Hoffnung hat er allerdings nicht – Bosch hat die Verlagerung schließlich bereits öffentlich verkündet.