Noch ist vieles rund um den Amoklauf von Heidelberg unklar. Deshalb hat die Polizei eine 32-köpfige Gruppe zusammengestellt, die die Hintergründe der Bluttat ermitteln soll.

Heidelberg - Die Polizei will mit einer Ermittlungsgruppe die Hintergründe des Amoklaufs an der Heidelberger Universität aufklären. Man habe eine Ermittlungseinheit namens „Botanik“ mit 32 Menschen gegründet, gab der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Dienstag in Stuttgart bekannt. Er sei sich sicher, dass es gelingen werde, rasch Licht ins Dunkle zu bringen. Der Name ist darauf zurückzuführen, dass das betroffene Uni-Gebäude an den botanischen Garten grenzt.

 

Die Ermittler konzentrieren sich nach dem Amoklauf mit zwei Toten und drei Verletzten vor allem auf das Motiv des Attentäters und die Herkunft seiner Waffen. Es werde auch mit den Angehörigen des jungen Mannes gesprochen, der am Montag in einem Hörsaal mehrfach auf Studierende geschossen hatte, sagte ein Polizeisprecher.

Der mutmaßliche Täter hatte kurz vor der Tat eine Whatsapp-Nachricht an seinen Vater geschickt. Der deutsche Student schrieb nach Polizeiangaben, „dass Leute jetzt bestraft werden müssen“. „Die Eltern des Opfers haben ein großes Leid, aber auch die des Täters“, sagte der Polizeisprecher. Der Mannheimer Polizeipräsident Siegfried Kollmar hatte am Montag angekündigt: „Wir werden sein Umfeld jetzt durchleuchten in den nächsten Tagen, mit Hochdruck.“ Die Motivlage war am Dienstagvormittag noch unklar.

Ermittlungen zu den Waffen laufen

Generell könne ein Mensch zum Amokläufer werden, „weil er die vorhandenen oder die subjektiv wahrgenommenen Kränkungen von der Kindheit übers Jugendalter zum jungen Erwachsenenalter als besonders schlimm erlebt“, sagte der Polizeipsychologe Adolf Gallwitz dem Radiosender „SWR Aktuell“.

Auch die Frage, wie der Biologie-Student an die beiden Waffen kam, von denen er eine für den Amoklauf nutzte, ist noch unbeantwortet. Es ist nur bekannt, dass der 18-Jährige die Gewehre vor wenigen Tagen im Ausland gekauft haben soll. Für den Anschlag wählte der 18-Jährige, der in Mannheim wohnte, eine Schrotflinte.

Amokläufer haben nach Ansicht des Polizeipsychologen Gallwitz bei tödlichen Angriffen wie dem in Heidelberg ein gemeinsames Denkmuster. „Er hat eine grandiose Art des Untergehens gesucht“, sagte er. „Ein Suizid war ihm letztlich einfach zu banal.“ Die Täter seien keine Einzelgänger und „auch nicht immer nur Leute, die schwer psychisch krank sind“.

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Die Ermittler gehen nach bisherigen Erkenntnissen davon aus, dass der Deutsche erst in dem Hörsaal des Zentrums für biologische Grundlagenforschung, in dem rund 30 Studenten waren, mehrmals schoss und sich später vor dem Gebäude selbst tötete. Eine 19- und 20-jährige Frau sowie ein 20-jähriger Mann wurden durch die Schüsse leicht verletzt. Eine 23-jährige Studentin starb am Montagnachmittag an den Folgen eines Kopfschusses.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft empfiehlt von der Tat unmittelbar Betroffenen, sich psychologisch betreuen zu lassen. „Die Studenten im Hörsaal haben Todesangst ausgestanden, sie wussten ja nicht, wie lange der Täter noch schießt“, sagte Landeschef Ralf Kusterer der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Er fügte hinzu: „Das werden sie ihr Leben lang nicht vergessen.“ Das Erlebte könne zu posttraumatischen Belastungsstörungen führen, wenn die Betroffenen nicht behandelt würden.