Aus Furcht vor Mobbing: Schüler haben Angst, sich zum Judentum zu bekennen. Die Vorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, Barbara Straub, sieht die Gesellschaft in der Pflicht.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Angesichts der jüngsten antisemitischen Vorfälle in Deutschland hat die Vorstandsvorsitzende der israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg, Barbara Traub, das Land Baden-Württemberg und die Stadt Stuttgart für ihr Vorgehen gelobt. „Die Einrichtung der Stelle eines Antisemitismusbeauftragten ist vorbildhaft und macht Mut“, sagte Traub unserer Zeitung am Mittwoch anlässlich des Amtsantritts des Beauftragten Michael Blume. „Wir haben Vertrauen in die Stadt und die Landesregierung, dass man alles tun wird, um Antisemitismus zu bekämpfen.“

 

„So ein Klima darf sich nicht weiter ausbreiten“

Gleichzeitig sieht Traub Anzeichen von Verunsicherung unter den rund 3000 Mitgliedern der Religionsgemeinschaft in Württemberg. Vorfälle wie die in Berlin, wo ein Israeli mit Kippa – der traditionellen religiöse Kopfbedeckung der Juden – auf offener Straße attackiert wurde, gebe es in Stuttgart zum Glück nicht. „Doch zum jetzigen Zeitpunkt würden wir Menschen nicht motivieren, mit der Kippa durch die Stadt zu laufen. Die Mehrzahl unserer Mitglieder trägt die Kippa beim Gottesdienst und bei den Gebeten und nicht im Alltag. Diejenigen, die es tun, müssen geschützt werden. Das ist die Aufgabe der Gesellschaft.“ Traub sagte weiter, es gebe mittlerweile Schüler, die sich in der Schule nicht mehr trauten zu sagen, dass sie jüdisch seien, weil sie Angst hätten, sonst gemobbt zu werden. „Das sind Einzelfälle, aber so ein Klima darf sich nicht weiter ausbreiten.“

Traub: Antismetismusbeauftragter kann Rückhalt geben

Nach den jüngsten antisemitischen Angriffen hatte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, Einzelpersonen empfohlen, sich in Großstädten nicht „offen mit Kippa“ zu zeigen. Inzwischen gibt es Solidarisierungsaktionen in vielen deutschen Städten.

Vom Antisemitismusbeauftragten erhofft sich Traub Rückhalt. Es sei wichtig, eine Stelle zu haben, an die sich Menschen wenden könnten, wenn sie das Gefühl hätten, verfolgt zu werden. „Gleichzeitig muss man Programme entwickeln, die junge Menschen, aber auch Erwachsene für das Thema sensibilisieren.“