Zwei Männer mit Kippa werden in Berlin von einer Gruppe Unbekannter angegriffen – der Vorfall sorgt für bundesweite Empörung. Nun hat einer der Betroffenen erklärt, dass es sich dabei um eine Art Experiment handelte.

Berlin - Die antisemitische Attacke auf zwei Kippa tragende Männer in Berlin war nach Angaben eines der Betroffenen offenbar eine Art Experiment. Wie der 21-jährige junge Mann namens Adam der „Deutschen Welle“ (Mittwoch) sagte, sei er selbst keine Jude. Er habe die Kippa getragen, nachdem ihm Freunde in Israel gesagt hätten, es sei gefährlich, sie öffentlich in deutschen Straßen zu zeigen. Er habe eigentlich zeigen wollen, dass es nicht gefährlich sei. „Es war eine Erfahrung für mich, die Kippa zu tragen.“

 

Es sei das erste Mal gewesen, dass er die traditionelle jüdische Kopfbedeckung getragen habe, erklärte der junge Mann weiter. Er werde die Kippa aber möglicherweise wieder tragen „egal was andere sagen“. Das Schlimmste an dem Vorfall sei für ihn gewesen, dass sich viele Menschen in seinem Umfeld aufgehalten hätten, ihm aber niemand zu Hilfe gekommen sei. Von rund 50 Menschen im Umfeld sei nur eine Frau eingeschritten. Diese Erfahrung sei „enttäuschend“ gewesen, betonte der 21-Jährige.

Bundesweite Empörung nach Attacke

Die antisemitische Attacke hatte zuvor bundesweit und international Empörung ausgelöst. Der 21-jährige Adam und sein 24-jähriger Begleiter waren am Dienstagabend in Berlin im wohlhabenden Stadtteil Prenzlauer Berg von einer unbekannten dreiköpfigen Gruppe judenfeindlich beleidigt und attackiert worden, weil beide Männer eine Kippa trugen. Einer der Pöbler schlug erst mit einem Gürtel und dann mit einer Glasflasche auf einen der jungen Männer ein. Von der Attacke gibt es ein Handyvideo eines der Opfer, das er ins Internet auf Facebook gestellt hat. Darin ist zu sehen, wie einer der mutmaßlichen Täter mit einem Gürtel auf den Filmenden einschlägt und ihn wiederholt als „Yahudi“ (arabisch für „Jude“) bezeichnet. Der Staatsschutz ermittelt.

Unterdessen erwartet der Antisemitismusbeauftragte der Berliner Jüdischen Gemeinde nach dem Vorfall von Politik und Justiz ein deutliches Signal an die mutmaßlichen Täter. Ein Dialog mit solchen Menschen sei nicht mehr möglich, sagte Sigmount Königsberg dem Evangelischen Pressedienst (epd).

„Wer so voller Hass ist und so aggressiv Menschen bedroht, stellt sich selbst außerhalb der Rechtsordnung dieses Landes“, sagte der Antisemitismusbeauftragte. Da helfe nur eine „scharfe Grenze zu setzen“, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die liberale Gesellschaft in Deutschland zu verteidigen. Eine Appeasement-Politik sei hier fehl am Platze und stärke nur die Aggressoren.

Bei Politikern wie dem Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD), Kultursenator Klaus Lederer (Linke) oder der Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement, Sawsan Chebli (SPD), sei das Bewusstsein dafür vorhanden. Bei anderen Vertretern des rot-rot-grünen Senats müsse da aber noch mehr passieren, mahnte Königsberg.