Der massenhafte Prüfungsabbruch bei Wirtschaftsstudenten der Uni Hohenheim hat für drei der Abbrecher besonders harte Folgen – und auch dem Arzt droht nun Ärger.

Stuttgart - Der massenhafte Prüfungsabbruch von 75 Wirtschaftsstudenten der Uni Hohenheim hat für zwei der Abbrecher besonders harte Folgen: Nachdem die Uni nun auch deren Widerspruch gegen die Nicht-Anerkennung ihrer ärztlichen Atteste abgelehnt hat, stehen sie vor der Exmatrikulation. Da es ihr dritter Prüfungsversuch war, gilt die Prüfung als nicht bestanden. Ihnen bleibt nur eine Klage vor dem Verwaltungsgericht.

 

„Wenn sie dagegen Klage einreichen, können sie sich zwar zurückmelden, haben aber keinen Prüfungsanspruch“, erklärt die Hohenheimer Unisprecherin Dorothea Elsner. Bei einem weiteren Kommilitonen prüft die Uni den Widerspruch noch. Auch ihm droht das Aus. Im Verwaltungsgericht Stuttgart sei bisher keine Klage eingegangen, sagte dessen Sprecher auf Anfrage.

148 ähnlich lautende Atteste vom selben Arzt machen die Uni misstrauisch

Die Affäre war ins Rollen gekommen, als die Uni merkte, dass von den 75 Studenten, die am 23. Mai ihre Grundlagenprüfung in Finanzwirtschaft angeblich aus Krankheitsgründen verlassen hatten, 43 dies mit nahezu gleich lautenden Attesten vom selben Arzt entschuldigten. Daraufhin nahm die Uni noch 105 weitere Krankmelder aus dem Prüfungszeitraum 23. bis 25. Mai ins Visier – mit Attesten vom selben Arzt.

Das Ergebnis: 125 der 148 Atteste von „Doc Holiday“ zweifelte die Uni an. Bei 99 Krankmeldern akzeptierte die Uni auch weitere nachgereichte Stellungnahmen oder Atteste nicht. 29 Betroffene legten Widerspruch dagegen ein. Bisher hatten acht von ihnen damit Erfolg, 13 nicht.

111 Prüflinge wollen freiwillig wiederholen

Von den 169 Studierenden, die die Prüfung bis zu Ende geschrieben haben, wollen inzwischen 111 das Angebot der Uni annehmen, die Prüfung freiwillig zu wiederholen – die Uni bot das wegen das hohen Lärmpegels in der Prüfung durch die Abbrecher an. 56 Prüflinge wollten hingegen eine Bewertung – Pech für neun von ihnen: Sie sind nun durchgefallen.

Die Kritik einiger Prüflinge an den ihrer Ansicht nach unangemessen schweren Aufgaben hatte die Uni zwar zunächst zurückgewiesen. Gegenüber unserer Zeitung räumte die Unisprecherin jetzt allerdings ein, die Prüfung sei „etwas schlechter ausgefallen als in den Vorjahren“. Einen Notenschnitt nannte sie jedoch nicht.

Staatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen „Doc Holliday“

Rechtliche Konsequenzen könnten auf jenen Arzt zukommen, der 148 gleich lautende Atteste ausgestellt hat. Aufgrund der Berichterstattung in unserer Zeitung hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart am 26. Juli seine Praxisräume durchsucht, auf richterlichen Beschluss umfangreiche Unterlagen und Dateien beschlagnahmt und ein Ermittlungsverfahren „wegen des Verdachts des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse“ eingeleitet. „Die Ermittlungen dauern noch an“, so Pressestaatsanwalt Heiner Römhild. Auf das Delikt stünden eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren – „für einen Fall“, so Römhild.